"Türkisch für Anfänger" im Kino:Berlin ist schöner als die Südsee

Wenn zum Krieg der Geschlechter und Kulturen noch der Überlebenskampf in der Wildnis kommt, wirkt eine Kino-Verfilmung rasch überambitioniert. In der Fernsehserie "Türkisch für Anfänger" schlug Drehbuchautor Bora Dagtekin noch Funken aus dem Alltag einer deutsch-türkischen Patchwork-Familie in Berlin, doch nun überwiegen die Klischees.

Anke Sterneborg

Diese respektlose Art, mit Klischees und Vorurteilen zu jonglieren, muss dem deutschtürkischen Drehbuchautor Bora Dagtekin erst Mal jemand nachmachen. Nachdem er in seiner Vorlage zu Anno Sauls Kinofilm "Wo ist Fred?" die Möglichkeiten einer Behindertenkomödie erprobte, schlug er in der Fernsehserie "Türkisch für Anfänger" Funken aus dem Alltag einer deutsch-türkischen Patchwork-Familie in Berlin, zwischen muslimisch-türkischem Machismo und der antiautoritären Freizügigkeit des Hippiedaseins. Vier Jahre nach dem Ende der letzten Staffel wurde die Serie nun auf Kinoformat getrimmt, und Dagtekin führt auch zum ersten Mal Regie.

Alles auf Anfang also, nach dem Prinzip des Prequels: Das gleiche Personal zelebriert die gleichen Verhaltensmuster, tut aber so, als würde man sich im Urlaubsflieger zum ersten Mal begegnen, und da jetzt nicht nur dreißig, sondern hundertzehn Minuten zu füllen sind, wird das Ganze möglichst fern der Heimat abgewickelt.

Nach einem Flugzeugabsturz muss sich das Quartett der Jugendlichen auf einer einsamen Südseeinsel zusammenraufen, wo zum Krieg der Geschlechter und Kulturen noch der Überlebenskampf in der Wildnis kommt. Unterdessen kommen sich im benachbarten Urlaubsresort die wartenden Eltern langsam näher. Doch was in der Serie in flottem Tempo wie beiläufig hingeworfen erschien, wirkt jetzt überambitioniert und ausgestellt.

Der natürliche Druck, der in der Enge der Berliner Altbauwohnung herrschte, löst sich unter freiem Himmel auf. Bei abnehmender Gagdichte überwiegen die Klischees, die Figuren mutieren zu penetranten Knallchargen - am übelsten wird der Postachtundsechzigerin Doris (Anna Stieblich) mitgespielt, die beim hemmungslosen Anbaggern eines Gigolos Würde und Ironie einbüßt. Konkurrenz bekommt sie allenfalls von Katja Riemann als Dschungelcamp-Aussteigerin, während sich Elias M'Barek, Josefine Preuß und Peag Ferydoni mit routiniertem Charme und nur noch gelegentlich zündenden Einzeilern an ihren bekannten Rollen abarbeiten.

Buch und Regie: Bora Dagtekin. Kamera: Torsten Breuer, Benjamin Dernbecher. Mit: Josefine Preuß, Elyas M'Barek. Verleih: Constantin. 110 Minuten

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