Banksy in New York:Occupy - The Musical?

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Einen Monat lang will Banksy in New York bleiben - und das Stadtbild mit Graffitis wie diesem versehen. (Foto: AFP)

Nun also New York: Ausgerechnet die Stadt, in der Graffiti-Kunst strikt verboten ist, hat sich der britische Street-Artist Banksy als Aufenthaltsort für Oktober ausgesucht. Und er provoziert.

Von Peter Richter, New York

Ausgerechnet New York! Der britische Street-Art-Fantomas Banksy hat, wie immer maskiert hinter Pseudonym, Sprühschablonen und Guerilla-Taktik, die Stadt zu seinem Arbeitsgebiet für den Monat Oktober gewählt, in der Graffiti mit der Spraydose einst quasi erfunden wurden und heute so strikt unterbunden werden wie sonst vielleicht nur noch in Singapur. Er nennt seinen Aufenthalt eine "Artists Residency on the Streets of New York" und hinterlässt jeden Tag einen oder mehrere seiner visuellen Kommentare im Stadtbild.

Gleich seine erste Arbeit setzte sich recht offensiv mit der Herausforderung auseinander, die New York für einen Sprayer heute darstellt. Das Bild auf einer Häuserwand in Lower Manhattan zeigt zwei Lausbuben der Charles-Dickens-Ära, die per Räuberleiter nach der Spraydose greifen, die zu einem ganz real dort hängenden Schild gehört, auf welchem steht: "Graffiti is a Crime". Die Dose ist auf dem Schild entsprechend mit einem roten Balken durchgestrichen.

Der Besitzer des Hauses reagierte zügig. Schon am nächsten Tag war das Bild wütend überpinselt. So ist das in New York. An anderen Orten, in London etwa oder zuletzt in Los Angeles, werden Wände, an den Banksy tätig war, eher sorgfältig als Ganzes entfernt und bei Auktionshäusern eingereicht. Das Graffiti, das diesen August von einer Tankstelle in Hollywood entnommen wurde, könnte nach optimistischen Schätzungen bei der Versteigerung im Dezember 300.000 Dollar bringen. So viel ist bei den Immobilienpreisen in Manhattan inzwischen allerdings auch so beinahe jeder Quadratmeter Hauswand wert. Vielleicht daher das rüde Desinteresse.

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Der Graffiti-Künstler Banksy ist für einen Oscar nominiert. In Los Angeles scheint er schon angekommen zu sein - jedenfalls sehen die Wände danach aus. Die Bilder.

Am zweiten Tag sprühte Banksy dann seinen Gruß an die Erfinder seines Berufszweiges. "This is my New York accent" stand da in der typischen, tanzenden, leicht nach hinten geneigten Hip-Hop-Schrift, mit der Leute wie Lee Quinones, Fab Five Freddy, Zephyr und wie sie alle hießen, in den Achtzigern das Genre "Schrift als Bild" prägten. Darunter dann allerdings: ". . . normalerweise schreibe ich so." Nämlich säuberlich, kursiv, schabloniert und säuberlich wie eine Bildunterschrift in der Times.

Die Frage ist, wie dieser Gruß in New York ankommt. Dass die Graffiti-Vergangenheit der Stadt sehr entschieden eine Vergangenheit ist (nirgends sehen U-Bahn-Züge heute von außen reinlicher aus), macht den Veteranen nämlich durchaus zu schaffen. Dass Graffiti als sogenannte Street Art heute eher in Europa zu Hause ist, bei dem Briten Banksy oder bei dem in der Szene kaum minder legendären Italiener BLU, macht es nicht besser. Und das, was davon in New York noch übrig geblieben ist, spontane Politparolen wie "Occupy" - das verzierte Banksy an seinem 4. Tag in New York mit dem Showbuchstaben-Zusatz "The Musical". Als wäre alles, was die Stadt bewegt, automatisch Broadway-Ware.

Wenn er den ganzen Monat so weitermacht, könnte es sich noch als lebensrettend erweisen, dass keiner weiß, wie er aussieht und wo er wohnt.

© SZ vom 07.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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