Banksy in New York:60 Dollar, Baby

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Plötzlich ganz offiziell im Angebot: Street-Art-Künstler Banksy ließ seine Arbeiten in New York auf der Straße verkaufen - für jeweils 60 Dollar. (Foto: oh)

In New York ist Banksy-Monat: Seit Anfang Oktober hinterlässt der britische Street-Art-Künstler dort seine Spuren. Manch ein Anwohner versucht aus den Graffiti Geld zu machen, andere schützen sie mit Plexiglas, wieder andere ließen sie sofort übermalen. Der Künstler konterte, indem er Originale verhökerte. Doch kaum jemand griff zu.

Von Peter Richter, New York

Halbzeit bei Banksys einmonatigem Arbeitsaufenthalt in den Straßen von New York - und man kann nicht behaupten, dass es langweiliger geworden wäre seit den Aufregungen am Start.

Der britische Street Art-Anonymus hinterlässt seit zwei Wochen überall in der Stadt seine Spuren, und die New Yorker kommen mit dem Reagieren kaum nach: Es gab den Hausmeistertypen, der den ersten Banksy gleich wieder übermalen ließ, es gibt die Sprayer, die seine Schablonenbilder unter ihren eigenen Krakeln nahezu begraben, es gibt die Nachbarschaftsinitiative, die ihren Banksy in Red Hook deswegen nun mit Plexiglas schützt.

Und es gab die zwei geschäftstüchtigen jungen Männer in East New York, einer der rauesten Gegenden von Brooklyn überhaupt. Dort lag vor einer Hauswand ein umgekipptes Verkehrsschild (bezeichnenderweise das bei Autofahrern unbeliebteste von allen: "No Parking Anytime"). Banksy hatte letzten Donnerstag einen kleinen Biber, sozusagen als Verursacher, dazugesetzt und, wie so oft, eine vorgefundene Szene von Grobheit und Verfall mit einer kleinen Intervention in etwas Poetisches, Lustiges, nahezu Niedliches verwandelt.

Dies aber und die legendäre Härte der Straßen von New York sind ein Widerspruch, der schon aus Prinzip nicht ohne Folgen bleiben kann. Es kamen also diese beiden Männer aus der Nachbarschaft und stellten eine Pappe vor den Biber. Wer fotografieren wollte, musste 20 Dollar zahlen. Und die beiden sahen nicht so aus, als ob man mit ihnen ernsthaft darüber diskutieren sollte. Sondern mehr so: wie Mitglieder der Straßengang, der nun mal diese Nachbarschaft gehört.

Fast schon niedlich

Somit gehört New York nun das Verdienst der bisher basalsten Antwort auf die Fragen von Besitz und Versilberung, die Banksys Arbeiten seit längerem begleiten. Das Interesse daran rührt ja nicht nur daher, dass sie meist recht lustig sind, sondern dass sie, dem öffentlichen Raum geraubt und bei Auktionshäusern eingeliefert, märchenhafte Summen einbringen können.

Dieses Wochenende hat Banksy deswegen nun allen, die an ihm vor allem als Geldanlage interessiert sind, eine sehr, sehr lange Nase gedreht und einen Tag lang an einem Stand vor dem Central Park signierte Originale auf Leinwand verkaufen lassen. Für 60 Dollar das Stück. (Auf dem Kunstmarkt haben solche Sachen schon rund 25.000 gekostet.)

Nach Stunden kam eine Frau und kaufte zwei für ihre Kinder. Nachdem sie den Preis um die Hälfte runtergehandelt hatte. Eine Touristin aus Neuseeland nahm zwei als Andenken mit. Ein Mann aus Chicago brauchte irgendwas für seine neue Wohnung. Gesamterlös des Tages: 420 Dollar. Auf seiner Webseite findet sich ein amüsantes Video der Aktion, mit der Banksy jetzt gewissermaßen in den institutionskritischen Teil seines Schaffens eingetreten ist.

Das ist überhaupt das Beste an Banksys New Yorker Monat: Neben den üblichen Spraydosen-Cartoons zeigt sich ein Wille zu kunsthafterer Kunst und zu anderen Mitteln. Ein Viehtransporter mit blökenden Stofftieren kurvte durch den neuerdings schicken Meatpacking District von Manhattan. Und auf der Webseite ist ein Video, das zeigt Taliban beim Abschuss eines Flugzeugs, Allahu akbar rufend. Man denkt zuerst, die haben die Seite gehackt. Was dann zu Boden fällt, ist aber ein Trickfilm-Elefant. Auch fast schon wieder niedlich. Aber zum Glück eben nur fast.

© SZ vom 16.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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