#endlichfreitag zu Machtspielen im Job:Showdown auf dem Büroflur

Job-Kolumne #endlichfreitag

Manchen Arbeitnehmer überfällt angesichts der Psycho-Spielchen im Job eine Sehnsucht nach der offenen Konfrontation aus Kindertagen.

(Foto: iStock)

Wer zuerst grüßt, verliert: Kindische Machtspielchen gehören im Job zum Alltag. Sich raushalten? Keine Option.

Von Johanna Bruckner

Job-Kolumne #endlichfreitag

Endlich Freitag. Hochgefühl! Ein letzter Gedanke an die verpatzte Präsentation am Montag, ein Erschauern im Rückblick auf das Get-together am Mittwochabend, schnell noch ein Papierkügelchen in Richtung des Kollegen im Polohemd geschnippt: Was Arbeitnehmer im Büro erleben und warum es immer wieder schön ist, wenn die Arbeitswoche rum ist - darum geht es in der Kolumne #endlichfreitag.

High Noon auf dem Büroflur. Am anderen Ende setzt sich der Kollege in Bewegung, in der einen Hand sein omnipräsentes Smartphone, den Blick auf den Bildschirm gesenkt. Die andere Hand malträtiert einen Kugelschreiber. Klick, klick, klick - klingt wie eine durchdrehende Revolvertrommel. Der ihm entgegen laufende Kollege drückt die Schultern durch: Diesmal wird er nicht zuerst grüßen! Er will nicht wieder mit einem grußlosen Nicken abgespeist werden, das mehr sagt als Worte: Mit Leuten wie dir und Nichtigkeiten wie normalen Umgangsformen kann ich mich auf meinem Weg nach oben nicht aufhalten.

Klar, der Klügere lässt sich im Zweifelsfall gar nicht auf solche kindischen Machtspielchen ein. Aber mal ehrlich: Mit Klugheit kam man doch schon im Kindergarten nicht weiter. "Jeder darf mal Bestimmer sein", war die Ansage der Kindergärtnerin. Aber am Ende bestimmte dann meistens der große Dennis, indem er kleinere Konkurrenten einfach umschubste. Wie einfach und ehrlich das Ausfechten von Machtansprüchen damals war!

Im Job übt man sich bevorzugt in psychologischer Kriegsführung; da werden beständig feine Spitzen gesetzt, die das Selbstbewusstsein der Kollegen langsam aber sicher ankratzen. Beliebt, wie perfide: das tödliche Kompliment. "Hab' gehört, du sollst deinen Vortrag über energiesparendes Arbeiten auch dem Vorstand präsentieren? Ist ja toll! Mal unter uns, die scheinen ja gerade auch Sommerloch zu haben ..." Ein weiterer Klassiker der giftigen Job-Galanterie - die Arbeitsmoral des Gegenübers in Zweifel ziehen: "Also ich könnte ja keine ganze Stunde Mittagspause machen. Aber gut für dich!"

Anarchie im Büro

Paradoxerweise werden Machtspielchen auch - vielleicht sogar: besonders - in Unternehmen mit flachen Hierarchien ausgetragen. Woran das liegen mag? Vielleicht daran, dass gerade in der Kreativbranche Beschäftigungsverhältnisse oft unsicher sind und ums schiere berufliche Überleben gekämpft wird. Vielleicht auch daran, dass hier vor allem jüngere Menschen zu finden sind, die ihre berufliche Position noch ausfechten müssen. Oder es ist eben doch etwas Wahres dran, an den machtpessimistischen Überzeugungen des englischen Staatstheoretikers Thomas Hobbes: Wenn Macht- und Besitzverhältnisse nicht geklärt seien, herrsche Anarchie und Gewalt, stellte er im 17. Jahrhundert fest.

Natürlich ist seine Idee eines allein und allmächtigen Leviathans aus demokratischer Sicht auch keine Lösung. Weder politisch, noch im Job. Denn wer will schon unter einem Chef mit Gottkomplex knechten? Und vielleicht ist das Ganze auch weniger eine Frage der Organisationsstruktur als vielmehr ein Geschlechterproblem. Unternehmensberater und Buchautor Peter Modler zufolge sind Machtkämpfe vor allem Männersache:

Hierarchien sind den meisten Männern sehr wichtig. Sie kommunizieren vertikal, wie man in der Soziolinguistik sagt. Das kann man schon bei kleinen Jungs beobachten: Wenn man die zusammen spielen lässt, ohne einzugreifen, werden sie sehr schnell untereinander ausmachen, wer wo in der Rangordnung steht. (Lesen Sie hier das vollständige Interview.)

Womit wir wieder bei Dennis wären. Aber sind wirklich erwachsen gewordene Kindergartentyrannen das Problem? Wohl kaum.

Beste Grüße, du Idiot

Auch Frauen spielen Machtspielchen, ja sie geben sogar die giftigsten Komplimente. Und sie sind Meisterinnen der verdeckten E-Mail-Attacke: Haben Sie schon mal von einer Kollegin eine Mail bekommen, die mit "Beste Grüße" endete? Ja? Dann sollten Sie sich in Acht nehmen - bei diesem vermeintlich harmlosen Gruß knallt eine Peitsche.

Männer demonstrieren Macht eher über territoriale Ansprüche und Statussymbole. Im Meeting wird einem der machtbewusste Kollege schon mal über den Mund fahren (vor allem, um sich selbst Redezeit zu sichern), und wenn es etwas zu besprechen gibt, bestellt er einen stets zu sich ins Büro. Apropos: Wehe dem Machtmenschen wird im neuen Office ein Schreibtischstuhl mit zerschlissenem Sitzpolster zugemutet - das ist für ihn so schlimm wie ein Schubser in den Sandkasten.

So gibt es am Ende auch zwei Wege, den Flur-Showdown für sich zu entscheiden. Zumindest theoretisch. Da wäre zum einen die männliche Variante: einfach umschubsen. Weil das zwar verführerisch, aber wenig karriereförderlich ist, bleibt der weibliche Weg: mit Freundlichkeit töten. Peng!

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: