NSA-Abhörskandal:Haben die ein Bild von meinem Penis?

  • Der Comedian John Oliver interviewt Edward Snowden in Moskau und schlägt ihm vor, die Debatte über den NSA-Abhörskandal auf abgefangene Nacktfotos zu lenken.
  • Hinter dem Klamauk-Ansatz steckt eine ernste Absicht: In den USA ist die Überwachung durch die Geheimdienste für die meisten Bürger kein großes Thema. Das will Oliver ändern.
  • Der Comedian versucht Snowden im Gespräch dazu zu bringen, die wesentlichen Fakten in verständlicher Weise zu vermitteln - um so mehr Empörung unter den US-Bürgern auszulösen.

Von Christoph Meyer

John Oliver interviewt Edward Snowden in Moskau

Warum verläuft die Debatte über den NSA-Abhörskandal in den USA so grundlegend anders als in Deutschland? Warum interessiert in Amerika kaum jemanden, was hierzulande das Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert?

Der Comedian John Oliver hat den Whistleblower Edward Snowden in Moskau besucht, um über das Phänomen zu sprechen - auf eine eigenwillig-humorvolle Art. Er zeigt dem Ex-NSA-Mitarbeiter, was in seiner Kommunikation bisher falsch gelaufen sei - und präsentiert ein stark überzeichnetes Sittengemälde der amerikanischen Gesellschaft. Das Interview wurde in Olivers Sendung Last Week Tonight with John Oliver ausgestrahlt.

Nacktfotos, das ist es, was die Leute interessiert

Snowdens Vorträge über die Gefahren der massenhaften Überwachung unterbricht Oliver unermüdlich mit dem Einwurf, darauf gäben die Amerikaner "einen Scheiß" - und er gibt dem blassen Mann mit der rahmenlosen Brille einen Tipp, wie er seine Landsleute wachrütteln könne.

Er solle die Debatte auf das Abfangen von Nacktfotos lenken. "Fänden Sie es in Ordnung, wenn die Regierung Bilder von ihrem Penis sehen würde?", lässt er in einer Straßenumfrage eruieren, die er Snowden auf dem Laptop vorführt. Die Antwort der Befragten ist eindeutig und entspricht genau dem, was sich der Whistleblower als Antwort auf seine Enthüllungen wünscht.

Im Gegensatz zum Ergebnis, das die Frage "Wer ist Edward Snowden?" hervorbringt: Kaum einer der Befragten kann mit dem Namen etwas anfangen. In der "Dick-Pic"-Frage, wie sie die Befragten nennen, sind sich hingegen alle einig: "auf keinen Fall!" "Das ist die sichtbarste Linie im Sand für die Leute", sagt Oliver.

Technische Details erzeugen Desinteresse

Hinter dem Klamauk steckt ein ernsthaftes Anliegen: Die Debatte über die massenhafte Ausspähung von Daten zu vereinfachen. Und damit mehr Aufmerksamkeit und Empörung in der US-Bevölkerung zu schaffen. Technische Details und eine unübersehbare Zahl verschiedener Spionage-Programme mit kryptischen Namen erzeugten hingegen Desinteresse, ist sich Oliver sicher.

Er zwingt den detailverliebten Snowden, die wesentlichen Fakten über die Spionageprogramme aufzuzählen und wird nicht müde ihn zu erinnern: "Ich interessiere mich ausschließlich für meinen Penis!"

Das Ganze endet mit der selbstironischen Frage Olivers, ob er sich durch das Interview mit Snowden nun selbst zum Ziel der NSA gemacht habe. "Wenn du nicht vorher schon auf der Liste warst, dann bist du es jetzt", antwortet der Whistleblower.

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