Markt Schwaben:Lieber weiter Schulden machen

Das Landratsamt weist Markt Schwaben Jahr für Jahr darauf hin, dass die Kosten für den Straßenausbau auf die Bürger umgelegt werden sollen. Doch die Gemeinde weigert sich, eine solche Satzung zu verabschieden.

Von Isabel Meixner, Markt Schwaben

Die Gemeinde steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Seit 2013 genehmigt das Landratsamt Ebersberg den Haushaltsentwurf nur noch mit Anmerkungen. Einen Teil dieser Anregungen hat Markt Schwaben bereits umgesetzt, gegen einen Punkt wehrt sich der Gemeinderat aber nach wie vor beharrlich: eine sogenannte Straßenausbaubeitragssatzung zu verabschieden. Stattdessen will die Gemeinde alleine in diesem Jahr 10,5 Millionen Euro an Krediten aufnehmen und den Schuldenstand damit fast verdoppeln - trotz eines Passus' in der Gemeindeordnung, dass vor dem Schuldenmachen zuerst Entgelte und Steuern erhoben werden müssen: "Die Gemeinde darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre."

Die Satzung mit der sperrigen Bezeichnung gibt Gemeinden die Möglichkeit, einen Teil der Kosten, die beim Ausbau oder bei der Generalsanierung von Straßen anfallen, an die Anlieger weiterzugeben. Das können nach Maßnahme 30 bis 80 Prozent sein. Kosten zum normalen Straßenerhalt werden nicht auf den Bürger umgelegt. In Grafing etwa, wo der Stadtrat 2011 einer solchen Satzung zustimmte, übernimmt die Stadt bei Anliegerstraßen nur noch 30 Prozent, bei Hauptverkehrsstraßen und Ortsdurchfahrten dagegen 70 Prozent der Kosten; bei Geh- und Radwegen liegt der Anteil zwischen 20 bis 45 Prozent. Einnahmeplus für die Stadt: 80 000 bis 100 000 Euro pro Jahr.

In Markt Schwaben sträuben sich allerdings einige Lokalpolitiker dagegen, einer solchen Satzung zuzustimmen. "Mit der Straßenausbaubeitragssatzung stehe ich auf dem Kriegsfuß", gibt etwa Gemeinderätin Monika Schützeichel (CSU) zu. Auch Manfred Hoser lehnt diese ab. Als in der Beschlussvorlage zum Haushaltentwurf der Zusatz zu lesen war, dass das Landratsamt auf die Satzung drängt, meldete sich der Gemeinderat der Freien Wähler und äußerte laut sein Missfallen über den Satz: Dieser Hinweis sei inzwischen überholt, eine Straßenausbaubeitragssatzung nicht mehr nötig und hätte folglich nicht in der Vorlage erwähnt werden müssen.

Überholt? Das Landratsamt habe eine derartige Satzung der Gemeinde in den vorigen Jahren tatsächlich nicht zur Auflage gemacht, teilt Evelyn Schwaiger, Pressesprecherin der Behörde, auf Anfrage mit. Es habe sich lediglich um eine "Anregung" gehalten. Es handele sich also nicht um ein Muss, sondern um eine sogenannte Soll-Vorschrift, auf die das Landratsamt rechtlich hinweisen muss, so Schwaiger.

Im Fall Markt Schwabens heißt es: Das Landratsamt genehmigt Jahr für Jahr mit genanntem Zusatz den Haushalt, pocht aber nicht auf die Umsetzung. "Rechtlich durchgesetzt hat das Landratsamt dies bisher aber noch nie, auch weil die jeweilige Haushaltssituation noch nicht entsprechend prekär war", sagt Schwaiger. Zu den diesjährigen Plänen der Gemeinde will sich die Pressesprecherin allerdings nicht äußern; der Markt Schwabener Haushalt für 2015 befinde sich derzeit "in der fachlichen Würdigung".

Wieso die Straßenausbausatzung auf Ablehnung stößt? In manchem Fall mag eine gewisse unmittelbare Betroffenheit eine Rolle spielen. Andere wiederum nennen es ungerecht, dass manche Markt Schwabener zur Kasse gebeten werden, weil ihre Straße jetzt noch nicht fertig ausgebaut ist, andere Anlieger diese Kosten in der Vergangenheit aber über Steuern finanziert bekommen haben. Manchen Bürger könnte die Zahlungsaufforderung in existenzielle Probleme stürzen, befürchtet etwa Monika Schützeichel. Sie spricht sich dafür aus, einen Obulus - wenn überhaupt - von jedem Markt Schwabener für solche Arbeiten zu verlangen. Allerdings nur unter einer Bedingung. "Wir können darüber reden, aber erst, wenn der Haushalt durchforstet ist", sagt Schützeichel.

Die Gemeinde hatte Ende 2013 bereits die Gewerbesteuer und die Grundsteuer A und B deutlich angehoben und die Friedhofsgebühren erhöht. Dadurch nimmt sie jährlich rund 700 000 Euro zusätzlich ein. Die Kanal- und Abwassergebühren werden ebenfalls derzeit neu kalkuliert. Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) macht keinen Hehl daraus, dass er in diese Liste auch gern die Straßenausbaubeitragssatzung einreihen würde.

Das könnte die Gemeindefinanzen erheblich entlasten, sagt er. Er verweist auf die Kanal- und Abwassergebühren: Auch diese müssten so erhoben werden, dass sie die Kosten für die Sanierung decken. Ob er glaubt, dass der Gemeinderat doch noch zustimmt? Hohmann zuckt mit den Schultern: "Wir werden es auf jeden Fall wieder zum Thema machen, weil es das Landratsamt uns zur Aufgabe gemacht hat."

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