Donald Trumps Islamophobie:"Hass, von dem wir alle nicht wussten, dass er existiert"

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Beim Abendgebet in der Masjid (Moschee) Quba in Philadelphia, Pennsylvania, 2012 (Foto: Rob Gerhardt)

Der Fotograf Robert Gerhardt macht seit Jahren Aufnahmen von Muslimen und Moscheen in den USA. Der verbale Ausfall von Donald Trump hat ihn schockiert.

Interview von Matthias Kolb, Washington

SZ: Was war Ihre Reaktion auf Donald Trumps Forderung, allen Muslimen die Einreise in die USA zu verbieten?

Robert Gerhardt: Ich war fassungslos. Er ist für Provokationen und Übertreibungen bekannt, aber seine Islamophobie geht nun so weit, dass er etwas Verfassungswidriges vorschlägt. Diese Idee ist so extrem, sie schockiert mich.

Ein Teil der Amerikaner hält seine Vorschläge für richtig.

Ja, dass seine Umfragewerte weiter nach oben gehen, ist noch erschreckender. Sie offenbaren eine Angst vor dem Unbekannten und einen Hass, von dem wir alle nicht wussten, dass er existiert.

Sie fotografieren seit fünf Jahren Muslime in den USA. Was war der Auslöser?

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:Muslimisches Leben in den USA

Der Fotograf Robert Gerhardt fotografiert amerikanische Muslime seit 2010. Er hat festgestellt, dass die Menschen dort netter sind als in den Kirchen.

Eine Bildergalerie von Robert Gerhardt

Ich habe 2010 zufällig gehört, dass Muslime auf Staten Island auf dem Gelände eines ehemaligen Klosters eine Moschee bauen wollten und es große Proteste dagegen gab. Die Bewohner dort sind durchgedreht, ich kann es nicht anders sagen. Es gab Bürgerdiskussionen und da wurden die Leute, die zwischen beiden Seiten vermitteln wollten, niedergebrüllt. Über die Muslim American Society begann ich Kontakt zu einer Moschee in Brooklyn aufzunehmen, wo ich ein Jahr lang fotografieren konnte. Danach habe ich Moscheen im ganzen Land besucht, etwa in Pennsylvania, Tennessee, Oklahoma oder Maryland.

Ist die Stimmung auf dem Land, also in Kleinstädten anders?

Das lässt sich nicht genau sagen. Ich habe den Eindruck, dass viele Amerikaner gar nicht wissen, wie viele ihrer Nachbarn Muslime sind. Wenn sie "Islam" hören, dann denken sie an al-Qaida oder die IS-Terroristen, aber nicht an den Taxifahrer oder den Besitzer des Eckladens. Anfangs dachte ich, dass die Islamophobie, die nach 9/11 eingesetzt hat, abnimmt. Aber das ist nicht geschehen: Schon vor Donald Trump gab es radikale Leute wie Pamela Geller, die dazu aufrufen, Cartoons des Propheten Mohammed zu zeichnen. Sie berufen sich auf Meinungsfreiheit, aber sie spalten die Gesellschaft.

Gibt es ein Foto, das Ihnen besonders wichtig ist?

Ich habe einen New Yorker Polizisten beim Gebet fotografiert und dieses Bild sagt sehr viel aus. Er betet in der "Ground Zero Moschee" in Manhattan. Hier sollte ein muslimisches Kulturzentrum entstehen, aber das umstrittene Projekt wurde verhindert. Dieses Foto zeigt klar: Muslime sind wie wir, manche beten zu Gott und andere nicht. Sie zahlen Steuern und haben alle möglichen Berufe - also sind sie auch Polizisten und Lehrer und Soldaten. Niemand muss Angst haben.

Sie haben auch Kinder fotografiert.

Ja, natürlich. Ich liebe das Foto des Mädchens, das neben ihrem betenden Vater steht. Ein anderes Bild zeigt einen Jungen mit einem Basketball. Diese Kinder sind in den USA geboren, sie sind so amerikanisch und von dieser Kultur geprägt wie alle anderen.

Trotzdem spielt gerade Donald Trump sehr erfolgreich mit dem Gegensatz zwischen "uns", also den Amerikanern, und "ihnen", den Muslimen.

Er instrumentalisiert die Angst vor dem Unbekannten. Zugleich zeigt sich in seiner Popularität und in den Aussagen vieler anderer Republikaner auch ein Kampf der Religionen. Sie sind überzeugte Christen und der Islam scheint ihnen eine bedrohliche Konkurrenz zu sein.

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:Donald Trump fordert Einreiseverbot für Muslime in die USA

Mit seinem rassistischen Vorschlag treibt der beliebteste Republikaner-Kandidat die Panikmache auf die Spitze. Dass sich viele Konservative nun distanzieren, hat Trump wohl einkalkuliert.

Analyse von Matthias Kolb, Washington

Ein Foto zeigt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Mein Name alarmiert die Sicherheitsbehörden". Viele Muslime kennen dieses Misstrauen. Wie offen waren sie Ihnen gegenüber?

Sie waren sehr freundlich. Ich habe immer wieder Kirchen besucht, aber die Leute in den Moscheen waren netter zu mir. Mir wurden alle Türen geöffnet und ich habe noch Kontakt mit vielen Gemeinden, gerade rund um die Ausstellungen. Wenn meine Fotos dazu führen, dass Muslime und Nichtmuslime mehr miteinander reden, wäre das ein Schritt in die richtige Richtung.

Nach den Pariser Anschlägen wurde in der US-Debatte immer wieder stolz betont, dass die Muslime hier besser integriert sind als etwa in den französischen Banlieues. Sie haben mit vielen gesprochen: Fühlen sie sich wohl hier?

Millionen US-Muslime sind hier geboren; viele leben seit mehreren Generationen hier. Oft entstehen Probleme erst, wenn eine neue Moschee gebaut werden soll und den anderen Leuten bewusst wird, dass ihre Nachbarn an den Islam glauben. Aber ich denke schon, dass die meisten sich wohl fühlen.

Zum Schluss nochmals eine Frage zu Donald Trump. Nicht nur Demokraten, sondern auch viele konservative Politiker, von George W. Bush über Dick Cheney und Paul Ryan bis zu Marco Rubio, haben seinen Vorschlag scharf kritisiert. Reicht das?

Ich finde es gut und wichtig, dass sich viele Republikaner endlich von ihm distanzieren. Ich bezweifle aber, dass das die Trump-Anhänger in irgendeiner Form beeindruckt oder zum Nachdenken bringt. Diese wütenden Leute sind ja auch sauer auf Bush und Cheney. Es ist unsere moralische Pflicht, hier zu protestieren und klar Stellung zu beziehen - auch weil ich momentan nicht weiß, was wir sonst tun können.

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