Berliner Flughafen:Prüfbericht entlarvt Kontrollchaos am BER

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Aktenordner mit BER-Nachträgen (Foto: dpa)
  • In einem BER-Prüfbericht, der nach anfänglicher Geheimhaltung jetzt doch veröffentlicht wurde, ist die Rede von einem "Kontrollchaos".
  • Den Eignern des Flughafens wird mangelnde Aufsicht vorgeworfen, dem Aufsichtsrat mangelnde Sorgfalt und mangelnde Objektivität.

Von Jens Schneider, Berlin

Das Gremium war hoch besetzt, an der Spitze standen die Regierungschefs der beteiligten Bundeslander. Aber gebracht hat es offenbar wenig, wenn der Aufsichtsrat für den Bau des neuen Berliner Flughafens zusammen kam: Im Mai 2012 musste die große Eröffnungsfeier in Schönefeld abgesagt werden. Der Flughafen war schlicht unbenutzbar, es war nicht die erste Absage. Der Aufsichtsrat hatte offenbar viele Alarmzeichen übersehen, über Monate und nicht ausreichend nachgefragt, wenn es geboten war. Von einem "Kontrollchaos" spricht der Landesrechnungshof Brandenburg in einem mehr als 400 Seiten langen Prüfbericht, der das Desaster des bis heute nicht eröffneten Flughafens gründlich analysiert.

Der Bericht war zunächst geheim gehalten worden und wurde jetzt auf Druck des Landtags in Potsdam veröffentlicht. Er stellt den Aufsichtsräten kein gutes Zeugnis aus. Dort saßen unter anderem der damalige Berliner Regierungschef Klaus Wowereit als Vorsitzender und der brandenburgische Ministerpräsident jener Jahre, Matthias Platzeck (beide SPD). Jetzt hat die Staatsanwaltschaft die Analyse offenbar zum Anlass genommen, strafrechtliche Konsequenzen für die damals Verantwortlichen zu prüfen.

Den Eignern wird mangelnde Aufsicht des Baus vorgeworfen

Die Ermittler in Cottbus haben den Bericht des Landesrechnungshofes aus Potsdam angefordert, in dem den Eignern des Flughafens, das sind Berlin, das Land Brandenburg und der Bund, mangelnde Aufsicht des Baus vorgeworfen wird. "Wir werden prüfen, ob es Anhaltspunkte für eine Straftat gibt", sagte Oberstaatsanwalt Horst Nothbau der dpa. Dabei könne es um beteiligte Firmen, die Flughafengesellschaft, aber auch Aufsichtsratsmitglieder gehen. Er betonte aber, dass es noch keine Ermittlungen gebe.

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Der Landesrechnungshof hatte schon früher moniert, dass führende Regierungspolitiker gar nicht die Kapazitäten hätten, um den Bau des Flughafens angemessen zu kontrollieren. Danach verließen die Minister des Landes Brandenburg das Gremium.

Die weiteren Vorwürfe: Mangelnde Sorgfalt und mangelnde Objektivität

In diesem Bericht wird gründlich die mangelhafte politische Kontrolle aufgezeigt. Die Prüfer stellen fehlende Sorgfalt fest, Risiken seien missachtet worden. Sie setzen sich auch damit auseinander, ob es richtig war, dass der frühere Aufsichtsrat nicht in Regress genommen wurde. Im Jahr 2013 hatte es eine Haftungsprüfung gegeben. Deren Qualität zieht der Rechnungshof in Zweifel. Er bemängelt, dass Aufsichtsratsmitglieder, aber auch die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft, maßgeblich auf die Prüfung hätten Einfluss nehmen können - die Sache trage den Anschein mangelnder Objektivität. Eine erneute Haftungsprüfung könnte zu einem anderen Ergebnis kommen, schreibt der Rechnungshof.

Nachdem vier Eröffnungstermine geplatzt waren, setzte sich der Aufsichtsrat vor einem Jahr das Ziel, den Flughafen im zweiten Halbjahr 2017 zu eröffnen. Allerdings gibt es bereits wieder Verzögerungen, in den nächsten Wochen soll sich entscheiden, ob der Termin gehalten werden kann.

© SZ vom 13.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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