Panama Papers:Britische Jungferninseln - das schmutzige Paradies der Europäer

Auf den Inseln gibt es mehr Briefkastenfirmen als Einwohner.

Von Björn Finke

Die Inselgruppe hat gerade mal 33 000 Einwohner, aber sie ist wichtig für die Geschäfte von Mossack Fonseca. Mehr als die Hälfte der Briefkasten-Firmen, die in den ausgewerteten Unterlagen genannt werden, sitzen auf den Britischen Jungferninseln. Die sind Teil der Kleinen Antillen in der Karibik, östlich von Puerto Rico - und sie sind ein Zentrum der sogenannten Offshore-Finanzbranche. Unternehmen, Banken und Reiche können dort Firmen und Fonds registrieren und profitieren dann von Steuerfreiheit und der Diskretion der Behörden.

Doch nach den Enthüllungen will die Regierung in London das Steuerparadies zwingen, in Zukunft besser mit dem britischen Fiskus zusammenzuarbeiten.

Die Regierung der Jungferninseln gibt an, dass 2012 - jüngere Daten veröffentlicht sie nicht - 447 801 Firmen auf der Inselgruppe angemeldet waren. Die Gebühren dafür machen 51,4 Prozent der Staatseinnahmen aus. Nur Chinas Wirtschaftsmetropole Hongkong ist Heimat von noch mehr Unternehmen. Wer so viele Gebühren kassiert, kann sich bei Steuern großzügig zeigen: Einkommen-, Gewinn- und Erbschaftsteuer werden nicht erhoben.

Die Inseln sind ein britisches Überseegebiet. Das Königreich verfügt über 14 solcher Überseegebiete, oft frühere Kolonien. Auch Gibraltar und die Falklandinseln zählen dazu. Drei weitere europäische Inseln tragen den Titel Kronbesitz: Man, Guernsey und Jersey. All diese Gebiete haben ihre eigenen Parlamente und Regierungen, sie erlassen ihre eigenen Gesetze. Aber um Außenpolitik und Verteidigung kümmert sich London. Die Bürger dieser Gebiete erhalten britische Pässe, und Staatsoberhaupt ist Königin Elizabeth II., vor Ort vertreten von einem Gouverneur.

Jeremy Corbyn, Chef der britischen Oppositionspartei Labour, fordert jetzt ein härteres Vorgehen gegen die Jungferninseln und andere Steueroasen. Entweder deren Regierungen würden selbst gegen Steuerflucht aktiv, oder London müsse entsprechende Gesetze für die Überseegebiete erlassen, sagt er.

Tatsächlich darf das Parlament in London die Autonomie der Überseegebiete einschränken und für die Bürger dort Gesetze verabschieden. Im Sommer 2009 etwa setzte London die Regierung der Turks- und Caicosinseln ab, eine Inselgruppe nördlich von Haiti. Die Briten warfen dem Parlament und der Regierung ihres Überseegebiets Korruption im großen Stil vor. Die Inseln wurden dann vom Gouverneur verwaltet, erst drei Jahre später wählten die Bürger ein neues Parlament und damit wieder eine eigene Regierung.

Den Vorschlag der Labour-Opposition, die Autonomie der Jungferninseln einzuschränken, wird die konservative Regierung trotzdem nicht aufgreifen. Doch dass Überseegebiete Tricksern beim Steuersparen helfen, beschäftigt die britische Regierung durchaus - und das schon länger.

Bereits vor drei Jahren schrieb Premierminister David Cameron den dortigen Regierungen, sie sollten beim Thema Steuern "ihr Haus in Ordnung bringen". Er respektiere das Recht der Überseegebiete, niedrige Steuern festzusetzen, hieß es da. Aber um zu vermeiden, dass Geld versteckt werde, müssten die Länder mit Finanzbehörden im Ausland zusammenarbeiten. Außerdem müsse offengelegt werden, wem welche Fonds und Firmen gehören.

Im Mai lädt Cameron zu einem internationalen Gipfeltreffen gegen Korruption nach London ein. In den vergangenen Monaten drängte die britische Regierung die Überseegebiete, bis zu diesem Gipfel Abkommen über mehr Transparenz und Kooperation abzuschließen. Eine Einigung mit den Jungferninseln stehe kurz bevor, teilt die Regierung in London mit.

Konkret verlangen die Briten drei Zugeständnisse: Die Steueroasen sollen automatisch Daten mit dem britischen Fiskus austauschen, sie sollen die Daten von den Firmen auf ihrem Gebiet einheitlich erheben, und sie sollen ein Register aufbauen, das den Eigentümer jedes Fonds und jeder Gesellschaft nennt. Vor allem der dritte Punkt stößt auf den Jungferninseln und in anderen Steueroasen auf Widerstand. Die Regierungen befürchten, dass so viel Transparenz Investoren verschreckt. Diese würden ihre Firmen dann woanders ansiedeln, in anderen Steueroasen, welche die Namen der Besitzer weiter geheim halten, lautet die Klage. Es geht eben nichts über ein wenig Diskretion.

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