Lateinamerika:Verloren hat Brasilien

Das Parlament wie ein Fußballstadion, jede Stimme gegen Präsidentin Rousseff umjubelt wie ein Tor - warum das Verfahren zu ihrer Amtsenthebung zur Farce gerät.

Von Boris Herrmann, Rio de Janeiro

Bei der entscheidenden 342. Ja-Stimme brachen im Parlament von Brasília endgültig alle Dämme. Die Befürworter des Amtsenthebungsverfahrens gegen Staatspräsidentin Dilma Rousseff fielen sich um den Hals, schwenkten grün-gelbe Fähnchen und stimmten gemeinsam das Lied "Eu sou Brasileiro" an. Das war die Hymne der brasilianischen Fußballfans bei der WM 2014 im eigenen Land. Rousseffs Unterstützer grölten derweil "Golpe, golpe, golpe!" (Putsch, Putsch, Putsch). Niemand hielt es nach der fast sechsstündigen Abstimmung in seinem Abgeordnetensessel, mal abgesehen von Parlamentspräsident Eduardo Cunha. Der saß mittendrin in diesem epochalen Chaos, läutete immer wieder vergeblich mit dem Glöckchen, flehte einmal sogar ins Mikrofon: "Bitte benehmt euch, liebe Parlamentarier, aus Respekt vor diesem Haus und dem ganzen Land, das uns heute im Fernsehen zusieht."

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