Reportage in Nepal:Im Tal der Seligen

Expedition in das Tsum Valley/Nepal, Autor: Titus Arnu

Die buddhistische Nonne Hri Dol pflegt einen Garten beim Kloster Lungdang auf 3300 Metern. Im Hintergrund: der Ganesh Himal I, 7422 Meter.

(Foto: Enno Kapitza / Agentur Focus)

Die Einwohner des Tsum-Tals an der Grenze zwischen Nepal und Tibet haben sich vor fast hundert Jahren dazu verpflichtet, keine Lebewesen zu töten. Sie sagen: So wird man glücklich.

Von Titus Arnu

Auf 3600 Meter Höhe tauchen drei Schakale auf. Sie schleichen hechelnd hinter dürren Büschen herum, wie hypnotisiert vom Duft von Reis und geschmortem Gemüse. Unser Bergführer Kami Sherpa und die Träger verscheuchen die Tiere mit Schreien, Händeklatschen und Steinwürfen. Darf man aus buddhis­tischer Sicht Steine nach Raubtieren werfen? Heikle Frage, wenn man davon ausgeht, dass man selbst als Schakal wiedergeboren werden könnte. Bald verhallt das Heulen der Schakale an den Felswänden. Dazu klappern meine Zähne im Takt. Nicht aus Angst. Wenn die Sonne weg ist, wird es schnell eiskalt in dieser Höhe.Heulen und Zähneklappern! Das hört sich an, als wären wir in einem Jammertal gelandet. Dabei sind wir so weit gelaufen, um das Tal des Glücks zu finden. Unser Ziel liegt fünf Tagesmärsche von der nächsten Straße entfernt: Tsum, ein Hochtal in Nepal zwischen den Achttausendern Manaslu und Shishapangma. Es gibt dort keine Stromleitungen, kein Internet, selten Handyempfang. Die 4000 Einwohner, verteilt auf 13 Dörfer, haben eine außergewöhnliche Kultur erhalten. Sie haben sich zu Gewaltlosigkeit verpflichtet, ernähren sich fast komplett vege­tarisch - und manche von ihnen pflegen die Polyandrie. Das bedeutet: Eine Frau heiratet mehrere Männer. Unsere vierwöchige Zeltexpedition soll der Antwort auf die Frage näherkommen, was genau die Menschen dort glücklich macht - und was wir möglicherweise von ihnen lernen können.

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