Fußball-WM:Diese Spieler könnten die WM erobern

WM-Stars: Harry Kane, Mo Salah und Kevin de Bruyne

Sollte man im Auge behalten: Harry Kane, Kapitän der Three Lions, der Ägypter Mohamed Salah und Belgiens Kevin De Bruyne

Bei der Weltmeisterschaft geht es auch um die Frage: Wer folgt auf Neymar, Messi und Ronaldo? Ein Blick auf diese Spieler lohnt sich unbedingt.

Von SZ-Autoren

Harry Kane: Das kuriose Schwergewicht

Eine falsche Gewichtsangabe hat Harry Kane in Bedrängnis gebracht. Der Fußball-Weltverband veranschlagte den Angreifer mit 98 Kilogramm, was ihn hinter Román Torres aus Panama zu einem der schwersten WM-Spieler gemacht hätte. In England sorgte das für Aufruhr, weil so ziemlich jeder weiß, dass Kanes idealer Wert bei 89 kg liegt. Bei der Spurensuche kamen Spekulationen auf, die Fifa hätte die Last der nationalen Erwartungen miteingerechnet, die der Kapitän der Three Lions zu tragen hat. Nicht auszuschließen war auch der Verdacht, dass es sich der Stoßstürmer einfach hat zu gut gehen lassen in seinem einwöchigen Urlaub nach der Saison auf den Bahamas - so wie einst Wayne Rooney vor der EM 2012 im Spielcasino in Las Vegas.

Als Zahlendreher erwies sich die Fehlinformation erst, nachdem Harry Kane, 24, in der Öffentlichkeit detailliert Auskunft gab über seinen Fitnesszustand. Ohnehin wäre es selbst für ihn unmöglich gewesen, mit Übergewicht den Auswahlprozess um das Amt des englischen Spielführers zu gewinnen. In knapp zwei Jahren hatte Nationaltrainer Gareth Southgate zig Kandidaten ausprobiert.

Diese Nebensächlichkeit um Kane erlangte überhaupt nur Aufmerksamkeit, weil es über seine Leistung sonst nichts zu diskutieren gibt. Bei Tottenham Hotspur hat der Torjäger aus dem Londoner Stadtbezirk Walthamstow nachgewiesen, seine Tore aus jeder Lage und mit fast jedem Körperteil erzielen zu können. 2017 gelangen ihm gar mehr Treffer als Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. Um deren Bekanntheit zu erlangen, müsste Kane allerdings auch dann Tore schießen, wenn die ganze Welt zuschaut. (Sven Haist)

World Cup - England Training

Englands Harry Kane.

(Foto: REUTERS)

Kylian Mbappé: Das leichtfüßige Vorbild

So viel Verklärung wie bei Kylian Mbappé war schon lange nicht mehr. Man könnte sich Sorgen machen, der Junge ist ja erst 19. Und bereits erwartet man von ihm die ganz große Bewährung, gewissermaßen die Rechtfertigung für die Verklärung. Doch vielleicht ist das der erstaunlichste Teil seiner Geschichte: Alles, was er macht, wirkt leicht, auch sein Umgang mit dem Druck. Kindlich leicht, trotz der Millionen.

Der Junge aus Bondy, einer sogenannt schwierigen Banlieue von Paris, Sohn eines Kameruners und einer Algerierin, Stürmer von PSG, ist der zweitteuerste Angestellte, den sich ein Fußballverein weltweit je geleistet hat. 180 Millionen Euro bezahlten die Pariser, um ihn heimzuholen aus Monaco, da war er noch 18. Nur der Transfer Neymars, seines Offensivkollegen, war teurer. Unlängst war Mbappé im Élysée, dem Palast des französischen Präsidenten, und wie man hört, trat er da smart und eloquent auf, leichtfüßig eben. Er hat Abitur gemacht, für viele Jugendliche in den Vorstädten ist er jetzt ein Vorbild.

Leicht wirkt auch Mbappés Spiel, dieses Preschen in die Tiefe, samt Finten und Tempowechseln, das den Gegnern Knoten in den Kopf zwirbelt. Man hat ihn schon oft mit Thierry Henry verglichen. Doch selbst Henry, der nie zu Bescheidenheit neigte, hält die Kopie für eine ernsthafte Herausforderung. Den Test im Verein hat Mbappé gut bestanden, 21 Tore gelangen ihm für PSG, alle Wettbewerbe mitgerechnet. Nur im Nationalteam klappt es bisher noch nicht so recht: 15 Länderspiele, vier Tore, das ist dürftig. Mal spielt er Flügel, da kommt er her, mal Mittelstürmer, was er auch mag. (Oliver Meiler)

Fußball-WM: Frankreichs Kylian Mbappe.

Frankreichs Kylian Mbappe.

(Foto: AFP)

Gabriel Jesus als Symbol des Wandels in Brasilien

Kevin De Bruyne: Der eifrige Rotschopf

Die Dämonologie ist keine sonderlich exakte Wissenschaft. Schon gar nicht, wenn es um die Erforschung der Rode Duivels geht, beziehungsweise um die Diables Rouge; Belgien, das Land der "roten Teufel", ist bekanntlich in Flamen und Wallonen aufgeteilt und zweisprachig. Bei den Großturnieren wurde den Teufeln jüngst öfter die Rolle des Geheimfavoriten attestiert, immer enttäuschten sie. Die Erwartung aber blieb, hervorgerufen durch einen eifrigen Rotschopf, der vor ein paar Jahren noch in der Bundesliga für Bremen und Wolfsburg spielte: Kevin De Bruyne, der Ende Juni seinen 27. Geburtstag feiern wird, am Tag des Spiels der Belgier gegen England, das Geburtsland von De Bruynes Mutter und seine aktuelle Wahlheimat.

Seit 2015 spielt De Bruyne bei Manchester City, seit zwei Jahren heißt sein Trainer Josep Guardiola. In der abgelaufenen Saison war De Bruyne drauf und dran, zum besten Spieler der Premier League gewählt zu werden, doch obschon er die herausragende Figur des englischen Meisters war, kam er schließlich am Ägypter Mohamed Salah (FC Liverpool) nicht vorbei. "Er war schon bei der letzten WM in Brasilien unser bester Spieler. In England ist er nur noch besser geworden", sagt Belgiens Abwehrspieler Thomas Vermaelen (FC Barcelona). De Bruynes Rolle wird sein, hinter den Spitzen zu spielen und vor allem Eden Hazard und Romelu Lukaku mit Vorlagen zu versorgen. Sein Ziel ist es, den Belgiern zu dem Coup zu verhelfen, der ihnen zugetraut wird. "Wir sind ein kleines Land", sagt De Bruyne. "Aber wenn man sich das Ziel zu gewinnen nicht setzt, kann man es nicht erreichen." (Javier Cáceres)

Fußball-WM: Belgiens Kevin De Bruyne.

Belgiens Kevin De Bruyne.

(Foto: AFP)

Mohamed Salah: Das Idol für alle

Falls es noch eines Beweises bedurfte, dass Mohamed Salah auch in den entlegenen Ecken der Welt zu den beliebtesten Sportlern zählt, gibt es ihn nun. Ägyptens Nationalmannschaft hat ihr WM-Quartier in Grosny in Tschetschenien bezogen, was Menschenrechtler kritisieren; sie berichten von Willkürherrschaft, Folter und Morden in der russischen Teilrepublik. Verantwortlich dafür ist Präsident Ramsan Kadyrow - der sich zur Begrüßung mit dem Stürmer fotografieren ließ. Es gibt wohl auch für Autokraten kaum etwas ähnlich Imageträchtiges wie Bilder mit dem herausragenden Spieler dieser Saison.

Salah hat nicht nur 44 Tore in 52 Spielen für den FC Liverpool geschossen, es ist auch seine Geschichte, die ihn aus dem Kreis der Besten hervorhebt. Als Kind fuhr er stundenlang mit dem Bus nach Kairo zum Training. Er galt als großes Talent, wurde aber einst beim FC Chelsea verschmäht. Seit seinem Wechsel nach Liverpool erreicht Salah im Trio mit dem Brasilianer Roberto Firmino und dem Senegalesen Sadio Mané Weltklasse. Er drängt unnachahmlich zum Tor, mit feinem Gefühl für Ball, Raum und Zeit. Salah schoss Ägypten mit einem entscheidenden Elfmeter zur WM, lehnte eine Villa ab, die man ihm zum Geschenk machen wollte, und bat darum, das Geld zu spenden. Er ist Idol eines ganzen Landes, gar muslimischer Kinder überall auf der Welt, schrieb die BBC. Obwohl er nicht zur Wahl stand, erhielt er fünf Prozent der Stimmen bei der Präsidentschaftswahl. Nur ob er in Russland spielen kann, das ist wegen seiner im Champions-League-Finale erlittenen Schulterverletzung noch fraglich. (Sebastian Fischer)

Fußball-WM: Ägyptens Mohamed Salah.

Ägyptens Mohamed Salah.

(Foto: AP)

Gabriel Jesus: Der Top-Streicher

Es gibt ein Foto von Gabriel Jesus, das kurz vor der WM 2014 in Brasilien aufgenommen wurde. Man sieht darauf einen 17-jährigen Jungen mit einem Pinsel in der Hand, er ist barfuß und malt die Bordsteinkante im Armenviertel Jardim Peri von São Paulo an. Grün und Gelb, immer abwechselnd. Das war der Beitrag von Gabriel Jesus zu dieser WM: ein bisschen Schmuck für die Party, die ja dann ziemlich trist endete aus brasilianischer Sicht. Inzwischen gilt dieser Junge als einer der besten Torjäger seines Landes und bei der WM will er beweisen, dass er auch zu den besten der Welt gehört. Sein Beitrag soll diesmal sein: Brasilien zum Titel schießen. So schnell kann es gehen - vom Anstreicher zum Top-Stürmer in vier Jahren.

Diese Geschichte ist auch das stärkste Symbol für den Wandel der Seleção von einer Lachnummer zu einem WM-Favoriten. Der steile Aufstieg von Gabriel Jesus begann kurz nach der Stunde null des brasilianischen Fußballs. Ende 2014 debütierte er beim Traditionsklub Palmeiras aus São Paulo in der ersten Liga. 2016 schoss er die brasilianische Olympiaauswahl zur Goldmedaille und Palmeiras zum ersten Meistertitel nach 22 Jahren. Seine strenggläubige Mutter Dona Vera erzählte damals, sie bitte Gott um Vergebung für den sündhaften Fangesang: "Gloria, gloria, halleluja! Gabriel Jesus". Noch im selben Jahr wechselte der kleine Messias für 33 Millionen Euro zu Manchester City, wo er trotz Verletzungssorgen seinen Trainer Pep Guardiola überzeugte. Gänzlich unumstritten ist er in der Seleção. In seinen ersten 15 Länderspielen erzielte er neun Tore. Nur Pelé schaffte mehr. (Boris Herrmann)

WM-Spielplan 2018

Unser WM-Spielplan 2018 bietet Ihnen alle Spiele auf einen Blick. Sie können sich auch Ihren eigenen Plan ausdrucken - auf DIN A3 oder DIN A4.

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