Autodesign:Fahrbare Dauerlutscher

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Was ist der Lutscher, was das Auto? (Foto: Scientificfuture/Wiki Commons (CC BY 4.0); Smart PR; Collage Jessy Asmus)

Über das Design von Autos lässt sich ausdauernd streiten. Aber in letzter Zeit gibt es bedenkliche Entwicklungen, die sich nicht mehr als einzelne Ausrutscher abtun lassen.

Kommentar von Georg Kacher

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters, sie lässt sich nicht messen wie die Zahl der PS. Designfragen sind deshalb immer auch Geschmacksfragen: Was dem einen das Herz höher schlagen lässt, ist für den anderen hässlich oder langweilig. Doch beim aktuellen Autodesign gibt es bedenkliche Entwicklungen, die sich nicht mehr als einzelne Ausrutscher abtun lassen. Dafür gibt es zu viele Formen, die daneben geraten sind.

Der neue Audi A8 etwa erinnert von hinten an die Leuchtgirlanden eines Lincoln aus der Ära Bush. Die aktuelle B-Klasse von Mercedes ist elektronisch aufgepepptes schwäbisches Biedermeier. Der Smart Fortwo wirkt wie ein fahrbarer Dauerlutscher von Playmobil. Der Honda Civic Type R ist ein nicht ganz jugendfreier Manga-Cartoon mit TÜV. Und die Toyota-Modelle Prius und Mirai sind mit ihrem Hybrid- beziehungsweise Wasserstoffantrieb zwar bei den Emissionen vorbildlich, optisch aber einfach nur zum Fremdschämen.

Doch die zuverlässigsten Protagonisten im Immer-wieder-den-Faden-Verlieren arbeiten bei BMW. Der neue Z4, als Studie noch eine Schönheit, verkommt als aufgedunsenes Serienauto zur Karikatur seiner selbst. Der X7 ist so grobschlächtig, als sei er mit dem Hackebeil entworfen worden. Die Tourer-Varianten der 2er-Reihe sind Discount-Straßenmöbel schlichtester Machart. Und wem das künftige 8er Coupé mit Sportpaket gefällt, der muss schon sehr markentreu sein. Der fünftürige Mini kommt wie ein aufgequollener Kurzschwanzdackel daher. Er leidet wie alle Mini-Varianten unter hässlichen Schwarzplastik-Anbauteilen, funktionslosen Luftein- und Auslässen, und großflächiger Folierung in Bäh-Farben. Auch in der Luxusklasse sieht es nicht besser aus. Schon der neue Rolls-Royce Phantom ließ Millionäre mit Restgeschmack die Stirn runzeln, doch der noch klobigere und mindestens ebenso kräftig verchromte Cullinan ist einfach nur ein Monument der Dekadenz.

Beim BMW-Design geht es zu wie beim Scheibenschießen: Treffer, daneben, Treffer. Wie kommt es, dass man in München scheinbar mit links grandiose Fünf-Sterne-Coupés und -Kombis entwerfen kann, am 7er aber mit schöner Regelmäßigkeit scheitert? Wie kann es sein, dass gefühlt 20 Jahre nach dem auch innen wunderbar aufgeräumten Z3 der neue Z4 mit fast unablesbaren Instrumenten, fitzeliger Ergonomie, Schmollmund und verquollenen Proportionen vom Band rollt? Was sind das für Manager, die immer wieder ängstlich zurückrudern und damit Qualität schon im Ansatz aus den Autos heraussparen?

Bei der Modellpflege kann es noch schlimmer kommen. Wer beim Zulieferer das 7er-Facelift gesehen hat, der fällt erst einmal vom Glauben ab. Dieser schräge Verschnitt aus Biberzahn und Hasenscharte, der in leicht veränderter Form auch künftige Elektromodelle verschandeln dürfte, ist eine weitere stilistische Bankrotterklärung. Sehr schade, denn die Concept Cars von BMW waren ihrer Zeit immer wieder weit voraus.

© SZ vom 30.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Linien zum Fremdschämen, ein Monstrum der Dekadenz und ein grobschlächtiger Hackebeil-SUV. Bedenkliche Ausrutscher im Automobildesign.

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