US-Sanktionen:Iran verzichtet auf Bargeldtransfer aus Deutschland

General view of the entrance to the European-Iranian Trade Bank AG eihbank (Europaeisch-Iranische Handelsbank) in the northern German town of Hamburg

Der Eingang der Europäisch-Iranischen Handelsbank in Hamburg.

(Foto: Christian Charisius/Reuters)
  • Iran wollte 300 Millionen Euro bei einer Bank in Hamburg abheben und nach Teheran transportieren.
  • Diese Pläne hatten zu einem heftigen Streit mit den USA und Deutschland geführt. Der Verdacht: Mit dem Geld könnte Iran auch Terrororganisationen unterstützen.
  • Nun wurden die Pläne für den Geldtransport überraschend abgesagt.

Von Georg Mascolo, Hamburg

Nahe der Elbe in Hamburg hat eine Bank mit sehr bewegter Geschichte ihren Sitz. Gegründet wurde die Europäisch-Iranische Handelsbank (EIHB) 1971 unter dem Schah, heute gehört sie dem iranischen Staat. Vor ihrer Tür wurde schon lautstark gegen die "Terrorbank" demonstriert. Jahrelang drängten die USA und Israel die Bundesregierung, das Finanzinstitut endlich dichtzumachen. Sie diene dem Regime als "finanzielle Rettungsleine", behauptete die US-Regierung.

Als eine internationale Allianz Iran zum Einlenken in der Atomfrage drängen wollte, wurden der Bank 2011 die Geschäfte untersagt. 2016, nachdem die Mullahs sich verpflichtet hatten, ihr Nuklearprogramm einzufrieren, war die EIHB dann wieder am Markt. Sie schien unverwüstlich. Ob die Bank allerdings ihre derzeitige Prüfung unbeschadet übersteht, ist fraglich.

Die Prüfung hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn (Bafin) eingeleitet, es geht dabei um die Kunden der Bank in Teheran: Die EIHB soll nachweisen, dass ihre Geschäfte nicht der Finanzierung des Terrorismus dienen oder Geldwäsche ermöglichen. Die Bank soll sich schwer mit Antworten auf die Frage tun, wie ihr "wirksames Risikomanagement" genau aussieht. Denn der iranische Staat unterstützt terroristische Gruppierungen.

Zur Überraschung der Bundesregierung hat die Bank deshalb ihr Vorhaben, 300 Millionen Euro von ihren Konten in bar nach Teheran zu transportieren, zunächst zurückgezogen. Das beabsichtigte Geschäft hatte zu heftigen Protesten der US-Regierung geführt.

Eben dieses Geschäft ist nun auch der Grund für die Prüfung der Bafin. Auf den Konten der EIHB liegen nicht nur jene 300 Millionen Euro, sondern ein Vielfaches dieser Summe. Jahrelang wurden Irans Ölexporte nach Indien über die Hamburger Bank abgewickelt. Neben China ist Indien einer der großen Importeure iranischen Öls, ein Milliardenbetrag soll inzwischen in der Hansestadt aufgelaufen sein.

Im Juni hatten Verantwortliche der Bank dem deutschen Zoll erklärt, dass sie einen Teil davon nun nach Iran ausfliegen wollten - ab einer bestimmten Höhe muss die Ausfuhr von Bargeld gemeldet werden. Auch der Grund dafür wurde mitgeteilt: Wegen des von der Trump-Regierung aufgekündigten Nuklearabkommens und der nun wieder verschärften Sanktionen benötige man in Iran dringend Bargeld für notwendige Importe und die Reisen iranischer Geschäftsleute ins Ausland.

Das Geld könnte zur Finanzierung von Terrorgruppen genutzt werden

Die Bundesbank, die für die Bargeldversorgung zuständig ist, sollte die Noten zur Verfügung stellen. Man werde es dann von einer iranischen Maschine abholen lassen. In 50-Euro-Scheinen wären das knapp sechs Tonnen Fracht gewesen. Auch in 500er-Scheinen hätte der Geldberg fast 700 Kilo auf die Waage gebracht. Kaum war der Antrag zur Ausfuhr den deutschen Stellen mitgeteilt worden, da intervenierten die USA im Kanzleramt, dem Finanz- und Außenministerium: Das Geld könnte dazu verwendet werden, um Terrorgruppen zu finanzieren. Es gebe eindeutige Hinweise; die Bundesregierung müsse den Transfer blockieren.

Dass die Iraner ein besonderes Auge auf ihre Hamburger Bank haben, ist schon lange bekannt: 2011 versuchten sie für die Freilassung zweier in Iran inhaftierter Bild am Sonntag-Reporter einen Weiterbetrieb des Ölgeschäfts über die Hansestadt einzuhandeln. Auch bemühten sie sich um die Freigabe von einer Milliarde Dollar. Gleich nach dem aktuellen Vorstoß für die Auszahlung der 300 Millionen Euro wurden deutsche Dienststellen um Prüfung gebeten, ihre geheimdienstlichen Erkenntnisse hatten die USA an das Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt.

USA sollen nicht die deutsche Politik diktieren

Demnach soll als Mittelsmann für den Transfer Ali Tarzali tätig sein, der auf einer US-Sanktionsliste steht. Er soll eine Spezialeinheit der iranischen Revolutionsgarden unterstützt haben. Das deutsche Urteil fiel vorsichtiger aus: Es lasse sich nicht gerichtsverwertbar nachweisen, dass Iran das Bargeld zur Förderung des Terrorismus verwenden werde. Die dargelegten Gründe für die Verwendung der 300 Millionen Euro seien jedenfalls plausibel.

In Berlin steckte man in der Klemme: Einerseits versucht die Bundesregierung das Atomabkommen mit Iran zu retten, den Rückzug der USA hält man für töricht. Deswegen bemüht man sich, die versprochenen engeren wirtschaftlichen Beziehungen trotz der harten Haltung der Trump-Truppe beizubehalten. Aber auch große deutsche Konzerne ziehen sich inzwischen aus Angst vor amerikanischen Sanktionen aus dem Iran-Geschäft zurück, zur Enttäuschung Teherans. Könnte man Iran dann auch noch verweigern, ihr eigenes Geld abzuheben?

Berlin will sich seine Iran-Politik keinesfalls aus den USA diktieren lassen. Anderseits war das Vorgehen Washingtons massiv, daran ließ schon das Auftreten des US-Botschafters Richard Grenell keinen Zweifel. "Wir sind sehr besorgt über die Berichte," hatte Grenell der SZ gesagt. Viele in der Regierung sind davon überzeugt, dass die Amerikaner via Bild-Zeitung die Geschichte selbst publik machten. Was also würde passieren, wenn man die Amerikaner in dieser Frage brüskiert?

In dieser Lage rückte die Bafin zu ihrer Prüfung an, die Bundesbank entschied sich in einem ungewöhnlichen Schritt zu einer Änderung ihrer Geschäftsbedingungen. Die am Ende der vergangenen Woche in Kraft getretenen Vorschriften erlauben es nun, eine Auszahlung zu verweigern, wenn Verdachtsmomente bestehen, dass das Geld in kriminellen Netzwerken oder bei terroristischen Gruppen landet.

Nun müsste die EIHB vor einem Bargeldtransfer gleich zwei Institutionen davon überzeugen, dass ihre Geschäfte untadelig sind. Das ist nicht einfach. Iran steht bei der sogenannten "Financial Action Task Force" auf der Liste der sogenannten "Hochrisiko"-Länder. Bis zum Oktober läuft eine Frist für Iran, die internationalen Kontrolleure davon zu überzeugen, dass nun endlich wirksame Kontrollmechanismen eingeführt werden. Und Bargeld lässt sich vermutlich am ehesten mit Dual-use-Produkten vergleichen: Technik etwa, die sich sowohl für zivile als auch militärische Zwecke nutzen lässt.

Wofür Geld verwendet wird, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Es kann von iranischen Geschäftsleuten genutzt werden, die ihr Hotel im Ausland nicht mit einer Kreditkarte bezahlen können. Oder es kann dem Terrorismus, vielleicht der Finanzierung der Kriege in Syrien oder in Jemen dienen. In Kreisen internationaler Notenbanker jedenfalls erinnert man sich mit Schrecken an die Geschichte des irakischen Diktators Saddam Hussein, der bei seiner Festnahme nicht nur eine Pistole, sondern auch 750 000 Dollar in bar bei sich hatte - angeblich noch mit den Banderolen einer europäischen Großbank versehen.

Auch die USA flogen schon Bargeld nach Iran

Die 300 Millionen Euro für Teheran hätte die Bundesbank aus ihren Notenpressen zur Verfügung stellen müssen. Mancher malte sich aus, was geschehen könnte, wenn ein Teil in den Händen eines Hamas- oder Hisbollah-Führers landen würde. Andererseits haben solche Bedenken in der Vergangenheit nicht einmal die USA abgehalten. Nach der Unterzeichnung des Atomdeals schaffte ein Frachtflugzeug große Summen Euro und Schweizer Franken nach Iran. Das Weiße Haus begründete den Transport damit, dass ein alter Rechtsstreit zwischen den beiden Ländern erledigt worden sei und man nun zahle. Trump wirft dies seinem Vorgänger Barack Obama bis heute vor.

Für die Bundesregierung hat sich das Problem nun erledigt. Aber aus der EIHB gibt es Signale, dass sie womöglich zu späterer Zeit einen neuen Anlauf unternehmen wolle. Dann wäre das Problem nur aufgeschoben. Es liegt viel Geld in Hamburg - und auch noch anderswo in Europa. Diese Länder schauen nun darauf, wie die Geschichte mit dem Bankhaus an der Elbe weitergehen wird.

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