Schneechaos in Bayern:Landkreis Miesbach ruft Katastrophenfall aus

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  • Wegen des starken Schneefalls in den vergangenen Tagen hat es auf den Straßen und Schienen zahlreiche Behinderungen gegeben. Vor allem entlang den Alpen sollen die Schneefälle bis in die zweite Wochenhälfte anhalten.
  • Im Landkreis Miesbach ist Katastrophenalarm ausgerufen worden. Alle aktuellen Informationen gibt es auf www.landkreis-miesbach.de oder am Bürgertelefon des Katastrophenschutzes unter 08025 704 6666.
  • Teilweise bleiben Schulen in verschiedenen Landkreisen Südbayerns noch bis Ende der Woche geschlossen.

Von Matthias Köpf, Christian Rost und Christian Sebald, München

Die anhaltend starken Schneefälle seit dem Wochenende bereiten in einigen Regionen am Alpenrand erhebliche Probleme und haben schon mehrere Todesopfer gefordert. Am Blomberg bei Bad Tölz wurde ein 44-jähriger Skitourengeher von herabfallenden Ästen erschlagen, auch Lawinenopfer gab es. Der Landkreis Miesbach rief am Montag den Katastrophenfall aus, dort konnten etliche Straßen nicht mehr geräumt werden, sämtliche Schulen bleiben bis Ende der Woche geschlossen.

Auch an allen staatlichen Schulen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wird es in dieser Woche keinen Unterricht geben. Von Schulausfällen waren am Montag auch andere Landkreise in Oberbayern und im Allgäu betroffen. In Lindau musste zudem der Busverkehr eingestellt werden, weil Straßen unpassierbar sind. Vor allem entlang den Alpen sollen die Schneefälle bis in die zweite Wochenhälfte anhalten.

Starker Schneefall
:Bayerische Oberlandbahn stellt Verkehr weitgehend ein

Die Züge fahren nur noch zwischen München und Holzkirchen. Das werde auch am Montag noch der Fall sein, zumindest am Vormittag. Auch die Münchner S-Bahn hat Probleme.

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Nicht die Masse des Schnees sei das Problem, sagte die Sprecherin des Landkreises Miesbach, die in ihrer Region einen guten halben Meter Neuschnee ausgemacht hat. "Der Schnee ist schwer und nass, die Bäume brechen unter der Last zusammen, und er lässt sich auch nicht ohne Weiteres wegräumen." Beispielsweise aus Bushäuschen müssten die Haufen mit schwerem Gerät herausgehoben werden.

Mit demselben Problem kämpft die Stadt Lindau. "Das Wochenende hat uns ein außergewöhnliches Schneeereignis gebracht, das mit normalen Schneefällen nicht vergleichbar ist", sagte OB Gerhard Ecker (SPD). Trotz des Einsatzes der Stadtwerke, der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerkes kamen die Busse nicht mehr durch. Nach wie vor sind zahlreiche Nebenstraßen blockiert.

Seit Montag geht es immerhin auf den Hauptverkehrsstraßen wieder voran, nur im Landkreis Traunstein und im Berchtesgadener Land blieben noch mehrere Bundesstraßen gesperrt. Selbst im Allgäu, wo man an viel Schnee gewöhnt ist, zogen Bürgermeister und Landräte die Notbremse. Im Oberallgäu blieben am Montag einige Schulen geschlossen, im Ostallgäu alle. Im Unterallgäu und in Kaufbeuren dagegen mussten alle Schüler zum Unterricht, was besonders bei Berufsschülern für Unmut sorgte. Sie haben teils weite Anfahrten.

Meteorologen sprechen längst noch nicht von einem Jahrhundertwinter, und die Schneedecke ist in den betroffenen Gebieten mit einem halben Meter Höhe auch noch nicht so dick, dass Dächer unter der Last zusammenbrechen würden. Allerdings sind die Menschen gerade im äußersten Südosten vorsichtig geworden. Nach der Katastrophe von Bad Reichenhall, wo 2006 beim Einsturz der Eishalle 15 Menschen ums Leben kamen, werden Dächer eher zu früh als zu spät geräumt. In Berchtesgaden ist die Schnitzerschule schon jetzt abgekehrt, obwohl nur 30 Zentimeter Schnee am Dach lagen und es zwischendurch auch geregnet hat.

Große Sorgen bereitet den Straßenmeistereien, Bahnen und Kommunen der sogenannte Schneebruch. Am anfälligsten sind Fichten und Kiefern. Sie können unter der weißen Last einfach abbrechen oder umstürzen. Der Grund: Sie tragen das ganze Jahr über Nadeln und bieten so sehr viel mehr Auflagefläche für Schnee als kahle Laubbäume. Experten wie Olaf Schmidt, der Leiter der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft, unterscheiden zwei Arten von Schneebruch. "Die häufigste ist der sogenannte Wipfelbruch", sagt er. "Der Stamm im oberen Teil des Baums ist am wenigsten stabil. Zugleich bieten das dichte Astwerk dort die meiste Auflage."

Die hohe Lawinengefahr hält an

Kalter, pulvriger Schnee macht Fichten und Kiefern in aller Regel nichts aus. Er ist vergleichsweise leicht. Anders nasser, eisiger Schnee, wie er dieser Tage in tieferen und mittleren Lagen fällt. "Da kommen auf wenig Fläche schnell mehrere Zentner Gewicht zusammen", sagt Schmidt. "Das halten auch richtig kräftige Fichten und Kiefern nicht aus." Dem Tourengeher am Blomberg wurde so ein Wipfelbruch zum Verhängnis. Bei der zweiten und deutlich selteneren Art des Schneebruchs stürzt der ganze Baum unter der Last um. "Das trifft nur Bäume entlang von Verkehrswegen, die zu den Straßen, Wegen oder Gleisen hin einseitig Äste tragen", sagt Schmidt. "Die neigen sich dann unter dem Gewicht immer weiter in Richtung Straße oder Gleis." Bis irgendwann das Wurzelwerk die Last nicht mehr hält und der Baum umkracht - immer auf die Straße oder das Gleis. Angesichts der anhaltenden Schneefälle in den Bergen rechnet Schmidt nicht damit, dass sich die Lage schnell entspannt.

So konnte die Bayerische Oberlandbahn (BOB) ihre Strecken nach Bayrischzell und nach Lenggries auch am Montag noch nicht bedienen, Ersatzbusse standen nur vereinzelt zur Verfügung. Zwischen Holzkirchen und dem Tegernsee nahm die BOB den Verkehr eingeschränkt wieder auf. Die Deutsche Bahn kündigte an, die am Wochenende gesperrte Waldbahn zwischen Zwiesel und Deggendorf wieder in Betrieb gehen zu lassen. Der Zugverkehr nach Berchtesgaden wird nach dem Bruch eines Oberleitungsmastes wohl erst am Donnerstag wieder anlaufen, verschiedene Nebenbahnen im Landkreis Traunstein sollen im Laufe dieses Dienstags wieder fahren. Dort war am Sonntagabend nahe Ruhpolding ein Baum auf einen Regionalzug gestürzt, die sieben Fahrgäste blieben unverletzt. Im Kreis Garmisch-Partenkirchen normalisierte sich die Lage am Montag langsam, die Gleise ins benachbarte Tirol bleiben wie die Bundesstraße nach Seefeld wegen Lawinengefahr vorerst gesperrt.

Die hohe Lawinengefahr hält an. "Schon in der Nacht zum Mittwoch erwarten wir eine Kaltfront mit weiteren Schneefällen in den Bergen", sagt Hans Konetschny von der Lawinenwarnzentrale. "Zugleich kommt deutlich stärkerer Wind auf, so dass sich wieder gefährliche Triebschneeansammlungen bilden können." Dann kann schon ein einzelner Skifahrer ein Schneebrett auslösen. So wie der Skifahrer, der am Sonntag ebenfalls bei Bad Tölz am Brauneck abseits der Piste einen Steilhang hinabfahren wollte. Er hatte extremes Glück, denn seine Skispitzen ragten gerade noch aus dem Schnee heraus, so dass ihn die Retter schnell bergen konnten. Er überstand den Unfall unverletzt.

© SZ vom 07.01.2019 / SZ, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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