Klimaschutzgesetz:Schulze will 95 Prozent weniger Treibhausgase bis 2050

Das Kraftwerk Niederaußem von der RWE Power Bergheim Niederaußem 19 09 2017 Foto xC xHardtx xFutur

Das Braunkohlekraftwerk Niederaußem in Nordrhein-Westfalen.

(Foto: imago/Future Image)
  • Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat der Bundesregierung einen Entwurf zum ersten deutschen Klimaschutzgesetz vorgelegt.
  • Alle Bereiche der Wirtschaft wie Verkehr, Industrie und Landwirtschaft sollen per Gesetz feste Klimaziele bekommen, für deren Einhaltung die jeweiligen Ministerien verantwortlich sein sollen.
  • Ziel sei es, die klimaschädlichen Emissionen hierzulande bis 2050 um "mindestens 95 Prozent" unter den Wert von 1990 fallen zu lassen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Der Kampf gegen die Erderwärmung soll in Deutschland künftig einem festen Regelwerk folgen. So will es ein Entwurf zum ersten deutschen Klimaschutzgesetz, er liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Demnach soll jeder einzelne Bereich der Wirtschaft feste Klimaziele bekommen, also etwa der Verkehr, die Industrie oder die Landwirtschaft. Verantwortlich für die Einhaltung sollen die jeweils zuständigen Ministerien sein. Sie sollen die Aufgabe haben, "die dafür erforderlichen nationalen Maßnahmen zu erlassen".

Ziel sei es, dass die klimaschädlichen Emissionen hierzulande bis 2050 um "mindestens 95 Prozent" unter den Wert von 1990 fallen. "Klimaschutzziele können erhöht, aber nicht abgesenkt werden", heißt es in dem Entwurf. Auch sollten bis 2050 ebenso viele Treibhausgase der Atmosphäre entzogen werden, wie das Land emittiert. Dann wäre Deutschland treibhausgasneutral.

Das Gesetz gilt als zentrales Projekt von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), verursacht aber jetzt schon viel Streit in der Koalition. Beim Koalitionsgipfel vorige Woche hatte die Union auf eine Verschiebung gedrungen. Dennoch hat Schulze den Entwurf nun in die Abstimmung innerhalb der Regierung gegeben.

Bei Verstößen drohen den Ministerien finanzielle Konsequenzen

Umstritten sind vor allem die strikten Vorgaben für einzelne Bereiche, geregelt in einem Anhang des Gesetzes. So sollen die Emissionen im Verkehr - zuletzt rund 170 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr - stetig sinken, bis 2030 auf 95 Millionen Tonnen. Ähnliche Vorgaben gibt es auch für die übrigen Sektoren der Wirtschaft.

Halten die Ministerien die Vorgaben für die einzelnen Jahre nicht ein, drohen finanzielle Konsequenzen. Denn verfehlt der Bund seine Ziele, muss er nach EU-Recht überschüssige Emissionszertifikate anderer EU-Staaten aufkaufen. Die Kosten dafür sollen die jeweiligen Ministerien tragen, "anteilig nach dem Grad der Nichteinhaltung" ihrer Klimavorgaben. Auch soll ein Automatismus in Gang kommen, wenn in einem Bereich die Emissionen nicht genügend sinken: Binnen sechs Monaten soll dann die Bundesregierung ein Sofortprogramm beschließen, das wiederum binnen sechs Monaten umgesetzt sein muss.

Unionspolitiker warnen vor einer neuen "Planwirtschaft"

Ein unabhängiges Sachverständigengremium soll über die Fortschritte im Klimaschutz wachen. Sollten sich die Ziele nachträglich als zu schwach erweisen, kann der Bund sie per Rechtsverordnung ändern. Und auch selber soll er mehr tun: Bis 2030 soll die Bundesverwaltung "klimaneutral" werden. Für Kapitalanlagen, etwa Pensionsfonds, soll er künftig darlegen, ob sie auch klimafreundlich investiert sind - und welchen Klimarisiken sie ausgesetzt sind.

Unionspolitiker hatten schon vorab eine neue "Planwirtschaft" kritisiert, die mit dem Gesetz drohe. Applaus dagegen kommt von den Grünen. "Wenn Frau Schulze es ernst meint, hat sie unsere volle Unterstützung", sagt Lisa Badum, klimapolitische Sprecherin der Grünen. Nun müsse auch die Bundeskanzlerin "dieses Klimaschutzgesetz zu ihrem machen". Umweltschützer begrüßen den Vorstoß. "Gemessen an der Klimakrise müsste das Gesetz aber deutlich ehrgeiziger ausfallen", sagt Christiane Averbeck, Chefin der Klima-Allianz Deutschland.

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