Ölpreis:"Die Opec war seit 40 Jahren nicht mehr so mächtig"

FILE PHOTO: General view of Saudi Aramco's Ras Tanura oil refinery and oil terminal in Saudi Arabia

Wichtigster Ort für den Ölexport Saudi-Arabiens: Ras Tanuf.

(Foto: Ahmed Jadallah/REUTERS)

Die USA setzen die wichtigsten Ölnationen der Welt immer wieder unter Druck - warum die Opec dennoch stärker wird, erklärt Analyst Frank Schallenberger.

Inteview von Sven Lüüs

An diesem Montag kommen wieder viele der wichtigsten Ölnationen der Welt zusammen, um darüber zu sprechen, wie viel Öl sie fördern werden. Im Dezember vergangenen Jahres haben sich die Opec-Staaten darauf geeinigt, ihre Ölförderung um drei Prozent zu reduzieren. Jetzt befinden sie darüber: Behalten sie diese Drosselung bei, verschärfen sie sie noch oder heben sie gar wieder auf? In den vergangenen Monaten haben die USA die Opec unter Druck gesetzt. Politische Entscheidungen und Tweets der US-Präsidenten sollten auf das weltweite Ölangebot wirken. Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg analysiert seit Jahren den Ölpreis. Er sagt: Die USA überschätzten ihre Macht.

SZ: Immer wieder fordert US-Präsident Trump die Opec-Staaten dazu auf, mehr Öl zu fördern. Lässt sich die Opec darauf ein?

Frank Schallenberger: Diese Tweets haben ja schon Tradition. Am Ölmarkt wird das jedoch eher mit einem Achselzucken quittiert. Was Trump twittert, interessiert dort nicht wirklich.

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Unterschätzen Sie Trump nicht? Der Handelsstreit zwischen den USA und China - wenn der wieder eskaliert, kann das den Ölpreis doch sinken lassen?

Das weltweite Wirtschaftswachstum nimmt wegen des Handelsstreits durchaus ab. Vor ein paar Monaten hat man noch damit gerechnet, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr um etwa 3,5 Prozent wachsen wird, mittlerweile geht man von nur noch rund drei Prozent aus. Aber das sorgt nicht dafür, dass der Ölpreis deutlich sinkt, denn die Nachfrage nach Öl hängt weniger von der Konjunktur ab als viele denken. Heizen müssen die Menschen und die Industrie immer, und wer ein Auto hat, hört auch nicht auf, es zu tanken, wenn das Benzin etwas teurer wird. Was das Öl kostet, bestimmt vor allem, wie viel die Staaten anbieten, die es fördern. Ob sich die Nachfrage ändert, macht da wenig aus.

Die USA gewinnen massenhaft Öl aus Schiefervorkommen. Am Markt entsteht ein neuer Konkurrent für die Opec. Setzt das das Kartell nicht unter Druck?

Das Fracking macht mittlerweile einen nicht zu verachtenden Teil der weltweiten Ölproduktion aus. Aber in den USA nimmt die Anzahl der Bohrlöcher seit Januar wieder ab. Wenn die USA zu viel fördern, sinkt der Preis. Dann lohnt sich auch der Abbau aus Schiefervorkommen immer weniger. Auch da kann Trump mit seinen Tweets nicht viel ausrichten: Er kann die amerikanische Ölindustrie nicht dazu zwingen, mehr zu fördern, wenn es sich nicht lohnt.

Viele Ihrer Kollegen sagen, die Opec hätte immer weniger Macht.

Das kann man so nicht sagen. Die Opec war seit 40 Jahren nicht mehr so mächtig wie heute. Erst vor drei Jahren hat sich die Opec erstmals mit mehreren Staaten unter der Führung Russlands abgesprochen, wie viel Öl sie fördern werden. Seitdem spricht man von der Opec+. Solange sich die Opec mit Russland und den anderen Staaten abspricht, ist sie noch mächtiger als früher.

Aber im vergangenen Jahr ist der Ölpreis eingebrochen: Im September kostete ein Barrel Brentöl noch mehr als 85 Dollar, im Dezember dann gerade mal noch um die 50 Dollar. Was ist da passiert?

Im Herbst 2018 gab es kurzfristig zu viel Öl am Markt, weil Iran nach den teilweise aufgehobenen Sanktionen der USA und anderer westlicher Staaten wieder Öl exportieren durfte. Aber daraus hat die Opec gelernt: Im Dezember beschloss sie, die Fördermenge um etwa drei Prozent zu reduzieren. Daran haben sich alle gehalten. Öl kostet momentan etwas mehr als 65 Dollar pro Barrel. Der Opec ist es also gelungen, den Ölpreis zu stabilisieren. Dass der Preis so einbricht wie Ende vergangenen Jahres, das wollen die Opec-Staaten verhindern. Es würde die Staatshaushalte von Saudi-Arabien und Russland zu stark belasten, wenn das Öl zu billig wird. Deswegen wird die Opec jetzt zusammenhalten.

Wer vertritt welche Interessen, wenn die Opec-Mitglieder jetzt wieder zusammenkommen?

Was in der Opec zählt, ist vor allem das, was Russland und Saudi-Arabien möchten. Denn das sind die Länder, die mit Abstand am meisten Öl fördern. Irans Stimme zählt wegen des Konflikts mit den USA momentan fast nicht mehr. Der Irak, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate sind auch noch zu berücksichtigen, die anderen Opec-Mitgliedstaaten spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Aber im Grunde haben alle Opec-Länder ein Interesse: Sie wollen für ihr Öl den besten Preis erzielen, ohne dabei das weltweite Wirtschaftswachstum zu bremsen. Das haben die Opec-Mitglieder erkannt. Das macht sie so stark.

Können Sie sich schon vorstellen, welche Taktik Russland und Saudi-Arabien einschlagen werden?

Russland und Saudi-Arabien sprechen sich meistens schon vor solchen Treffen ab. Für dieses Treffen sollen sie besprochen haben, dass sie die Drosselung genauso beibehalten, wie sie jetzt ist. Alles andere wäre auch taktisch unklug.

In den vergangenen Tagen ist der Ölpreis wieder gestiegen. Liegt das am Konflikt zwischen den USA und Iran?

Dieser Konflikt hat direkte Auswirkungen auf den Ölpreis. Seitdem die USA Iran wieder sanktionieren, exportiert das Land fast gar kein Öl mehr - und fördert viel weniger. Dadurch sank das weltweite Öl-Angebot, der Preis stieg. Dann wurden zwei Tanker angegriffen, die USA machen Iran verantwortlich. Die Angriffe fanden im Golf von Oman statt, über diese Route laufen 20 Prozent des weltweiten Ölhandels. Wenn es in dieser Region zu einem militärischen Konflikt käme, würde die weltweite Ölversorgung in Gefahr geraten. Wie sich die USA gegenüber Iran verhalten, kann den Ölpreis tatsächlich beeinflussen. Aber während die Trump'schen Tweets die Opec dazu bringen sollen, mehr Öl zu fördern, damit der Ölpreis sinkt, bewirken die US-Sanktionen gegen Iran genau das Gegenteil: Es wird weniger Öl verkauft - und der Ölpreis steigt.

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