Allgäu:Der letzte Akt am Festspielhaus Füssen droht

Festspielhaus bei Füssen dunkle Wolken marode Anlagen an der Promenade dunkle Wolken über dem Fes

Der Spielplan wird gekürzt, es gab offenbar erste Entlassungen. Das Festspielhaus hat eine ungewisse Zukunft.

(Foto: imago)
  • In Füssen wird es kein neues Fünfsternehotel geben. Investor Manfred Rietzler hatte sein Bauvorhaben wegen des Widerstands dagegen zurückgezogen.
  • Nun soll es auch am benachbarten Festspielhaus die ersten Kündigungen gegeben haben.
  • Die Gegner des Hotelprojekts hatten argumentiert, dass so ein Hotel am Forggensee überdimensioniert sei, die Umwelt schädige und das Landschaftsbild verschandle.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Die Zukunft des Füssener Festspielhauses ist ungewiss. Am Dienstagabend hat der Stadtrat die Bauleitplanungen für ein Fünfsternehotel nebenan eingestellt, womit sich der im Oktober geplante Bürgerentscheid gegen die Pläne des Investors Manfred Rietzler erledigt hat. Rietzler hatte sein Bauvorhaben vergangene Woche wegen des Widerstands dagegen zurückgezogen. Nun wird der Spielplan verkürzt, erste Kündigungen sind offenbar ausgesprochen. Füssens Erster Bürgermeister Paul Iacob sagt: "Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie es weitergehen soll." Eine öffentliche Förderung schließt er aus.

Der Streit um das Festspielhaus steht in der Region exemplarisch für die Diskussion, wie Tourismus und Ökologie zu vereinbaren sind. Die Anrainergemeinden wollen in einem "Masterplan Forggensee 2030" die Probleme in und rund um den See angehen, der Freistaat hat auf Initiative von Landrätin Maria Rita Zinnecker gerade 100 000 Euro für ein Heimatgutachten bereitgestellt. Vor allem geht es dabei um die zunehmende Verlandung des Sees und um Massen an Treibholz, die besonders rund um Schwangau durch den Lech angeschwemmt werden. Aber es geht auch grundsätzlich um den Ausgleich zwischen Nutzungskonflikten am See, die Energiegewinnung durch den Staudamm, den Umweltschutz und den Tourismus.

Die Beeinträchtigung der Landschaft, die Auswirkungen auf den Verkehr, das waren auch die Diskussionspunkte, die Manfred Rietzler letztlich zum Verhängnis wurden. Der Investor wollte mit dem Fünfsternehotel die Zukunft des Festspielhauses sichern, er sah unternehmerisch keine andere Alternative: 149 Zimmer sollte es haben und ein Tagungscenter mit Platz für 500 Personen. Durch die Einnahmen und Synergien zwischen Festspielhaus und Hotel hätte er den Komplex in die Gewinnzone bringen wollen. Vor drei Jahren hatte der aus der Region stammende Investor das Festspielhaus übernommen. Die Verluste des defizitären Veranstaltungsorts trägt er privat. Das aber, betonte er wiederholt, könne kein Dauerzustand sein. Das Hotelprojekt wollte er dennoch nicht gegen den Willen der Stadt und der Bürger verwirklichen.

Nun hat er diese Ankündigung wahr gemacht, obwohl er gar nicht weiß, ob die Bürger bei einem Entscheid nicht doch für seine Pläne gestimmt hätten. Tatsächlich gibt es zahlreiche Unterstützer, nicht nur in Handel, Hotelgewerbe und Tourismus. Rietzler aber war die Kritik zu viel. "Ihm hätte auch eine Zustimmung von 52 zu 48 im Bürgerentscheid nicht gereicht", sagt die Sprecherin des Festspielhauses. Rietzler ist nachhaltig verstimmt, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens auch sein Angebot nicht annehmen wollten, den geplanten Bau noch einmal komplett zu überarbeiten, sodass das Hotel nicht mehr in das Landschaftsschutzgebiet "Forggensee und benachbarte Seen" hineingereicht hätte.

Er spricht von "fehlenden Fakten und vorgeschobenen Argumenten", die nun gestreut seien. Dies sei für ihn "nicht mehr umkehrbar". Für das Jahr 2020 soll der Spielplan verschlankt werden, um Kosten zu sparen. Rietzler will momentan nicht davon sprechen, das Festspielhaus zu schließen oder zu verkaufen. Aber er macht deutlich, dass es nun eine langfristige externe Unterstützung brauche. Die Stadt sei in der Pflicht, eine rasche Lösung zu finden.

Füssen hat die Pläne für das Hotel zwar vehement unterstützt und hat weiterhin großes Interesse, das Festspielhaus zu erhalten. "Eine Förderung durch die öffentliche Hand kann und darf es aber nicht geben", sagt Bürgermeister Paul Iacob (SPD). Ein Haus in privater Trägerschaft könne keine Zuschüsse bekommen, die Stadt könne es auch nicht übernehmen. Der Bürgermeister sagt, dass Rietzler sich komplett zurückgezogen und die weiteren Planungen für das Festspielhaus der Geschäftsführung überlassen habe. Iacob werde Gespräche führen, um Ideen zur Rettung des Veranstaltungsorts zu entwickeln. Der Bürgermeister zeigt sich verbittert über die Initiative der Kritiker von Bund Naturschutz (BN) und dem Kreisfischereiverein: "Das Festspielhaus ist einzigartig im südbayerischen Raum, wir brauchen es."

Die Kritiker betonen, dass auch ihnen der Erhalt des Festspielhauses lieb wäre, der Investor und die Stadt sollen nun alternative Konzepte vorlegen. Eine Neuplanung des Hotels sei kein akzeptabler Kompromiss gewesen, die Natur und Landschaftsbild geschont hätte. Die Kritiker stören sich allein an der "massiven Größe" eines solchen Baus, der das "einmalige Landschaftsbild" zerstören würde. Sie haben noch einmal nachgelegt und eine Untersuchung angestellt, die zeigen soll, wie sehr ein Hotelneubau die Natur rund um das Festspielhaus beeinträchtige: Demnach handelt es sich am Uferbereich, wo das Hotel ursprünglich geplant war, um ein "hochwertiges Biotop", bilanziert Michael Käs, Ortsvorsitzender des Bundes Naturschutz. Aus artenschutzfachlicher Sicht wäre das geplante Vorhaben nicht vertretbar gewesen, sagen die Kritiker. Rietzler und sein Team hatten dies stets bestritten.

Allerdings stehen BN und Kreisfischereiverein nicht allein mit ihrer Kritik, auch die Nachbargemeinde Schwangau hatte sich klar gegen das Hotelprojekt positioniert. Es wäre, heißt es in einer Stellungnahme des Gemeinderats, mit den "Bestimmungen von Natur- und Landschaftsschutz, Wasserrecht, Hochwasserschutz, Fischereirecht, Immissions- und Lärmschutz unvereinbar". Zusätzliche Hotelbetten und höhere Verkehrsbelastung hätten "den von der Bevölkerung beklagte Übertourismus mit all seinen negativen Auswirkungen" verschärft. Schwangau übernimmt nun die Koordination des Masterplans 2030 für den Forggensee. Seine Gemeinde habe mit 70 Prozent Seefläche besonderes Interesse an einem tragfähigen Entwicklungsplan, sagt Erster Bürgermeister Stefan Rinke (CSU). Wegen unklarer Zuständigkeiten und mangelnder Kooperationsbereitschaft gebe es seit Jahrzehnten kein tragfähiges Zukunftskonzept für den Forggensee.

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