Neue Vorsitzende:Bayerische AfD bleibt in der Spitze so rechts wie gehabt

Corinna Miazga punktete in Greding mit einer ruhigen Rede.

Die AfD-Bundestagsabgeordnete Corinna Miazga warb für sich als Vorsitzende des Ausgleichs, sie stehe "nicht für oder gegen den Flügel hier".

(Foto: dpa)
  • Corinna Miazga setzt sich in einer Stichwahl auf dem Parteitag der bayerischen AfD als neue Vorsitzende durch.
  • Damit ist der Versuch der Rechtsaußen-Strömung gescheitert, strategisch die Macht im Landesverband zu übernehmen.
  • Ein Sieg für das gemäßigte Lager der Partei ist das Ergebnis aber keineswegs.

Von Johann Osel, Greding

Die bayerische AfD hat eine neue Vorsitzende: Die Bundestagsabgeordnete Corinna Miazga setzte sich in einer Stichwahl auf dem Parteitag im mittelfränkischen Greding durch. Sie gewann am Samstag gegen Katrin Ebner-Steiner, die Fraktionschefin im Landtag, die überraschend ihre Kandidatur eingereicht hatte. Damit ist der Versuch des völkischen "Flügels" gescheitert, strategisch die Macht im Landesverband zu übernehmen.

Bis zuletzt hatte sich die Rechtsaußen-Strömung in Grüppchen besprochen, wen man ins Rennen schickt, zudem hatte man gezielt Besucher für den Mitgliederparteitag mobilisiert. Die Strategie ging aber nicht auf, was offenbar auch an der sehr sachlichen, ruhigen Rede von Miazga lag. Diese überzeugte eine knappe Mehrheit der 550 Mitglieder, die bei der AfD abstimmen dürfen anstelle von Delegierten. Ein Sieg für das gemäßigte Lager der Partei ist das Ergebnis aber keineswegs.

Die 36-jährige Miazga warb für sich als Vorsitzende des Ausgleichs, sie stehe "nicht für oder gegen den Flügel hier". Allerdings gilt die gebürtige Oldenburgerin in ihren Positionen als Flügel-nah, sie hat 2015 die Erfurter Erklärung, das Gründungsdokument der Strömung, unterzeichnet; sie gehöre "formal selber zum Flügel", sagt sie selbst. Darum gehe es aber nicht, die AfD in Bayern habe ein anderes Problem: Sie stehe in Umfragen nur bei acht Prozent, trotz der Migrations- und Klimapolitik. "Wir müssen am Image arbeiten, nicht am Programm." Viele Bürger unterstützten die Anliegen der AfD, würden sie aber wegen ihres öffentlichen Auftritts nicht wählen. Miazga will nun die Vorstandsarbeit und die anstehende Kommunalwahl in Bayern "professionell" gestalten. In die Fraktion im Landtag wolle sie sich nicht einmischen. Der bisherige Landeschef Martin Sichert verfehlte die Stichwahl.

Schon einmal hat Miazga übrigens gegen Ebner-Steiner gewonnen, bei der Listenaufstellung für die Bundestagswahl 2017 im direkten Duell - auch mit einem sehr ausgleichendem Ton. Ebner-Steiners Auftritt in Greding glich dagegen einer Wahlkampfrede. Sie sagte, Partei- und Fraktionsvorsitz müssten wie in Brandenburg und Sachsen in eine Hand, dies bringe offensichtlich große Erfolge. Nur so könne man "die neue Nachfolgepartei der verbrauchten CSU" werden, man müsse "alle Strömungen zu einem Strom zusammenführen, um den ganzen Saustall der Altparteien durchzuspülen". Zwischenfrager warfen ein, wie sie einen 5000-Mitglieder-Landesverband führen wolle, wenn dies schon in einer Fraktion nicht klappe. Im Landtag ist die AfD nicht nur zwischen Flügel und eher Gemäßigten gespalten, sondern es herrschen massive persönliche Animositäten. Es kam schon zu Strafanzeigen untereinander, mancher will mit anderen "privat nicht auf ein Bier gehen".

Unterm Strich lässt sich wohl sagen: Die AfD bleibt in der Spitze so rechts wie gehabt. Denn auch der bisherige Vorsitzende Sichert gehört wie Miazga formal zum Flügel, hatte sich zuletzt aber von den Völkischen unter der Führung von Björn Höcke aus Thüringen und Andreas Kalbitz aus Brandenburg distanziert. Der alte Landesvorstand hatte unter seiner Ägide Ordnungsmaßnahmen gegen drei Flügel-Mitglieder wegen fehlender Abgrenzung nach Rechtsaußen erlassen, darunter Ebner-Steiner. Dass Miazga, Sichert und Ebner-Steiner zusammen fast 100 Prozent der Stimmen erreichten, zeigt aber auch: Eine ernsthafte Alternative ohne Bezug zu den Völkischen hatten die Mitglieder gar nicht.

Sichert hatte in seiner Begrüßungsrede noch versucht, auf die Rechtsaußen-Klientel mit deftigen Sprüchen einzugehen. Unter anderem sagte er, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder habe Horst Seehofer "als Hure der bayerischen Politik abgelöst" und "verkauft unsere schöne Heimat an Ökofaschisten". Ihm wurden vom Flügel-Lager dennoch mehrmals Buhrufe entgegen geschmettert. Ohnehin war der Umgangston beim AfD-Parteitag mit Pfiffen, Gebrüll und Beleidigungen wieder einmal von Krawall gezeichnet, die Lager überzogen sich teils gegenseitig mit Häme. Bei den stellvertretenden Landesvorsitzenden wurde ein Ausgleich zwischen den Strömungen gewählt.

Der bisherige Landesvorstand wurde nicht offiziell entlastet. Wie schon so oft gab es Ärger über die Kasse. Die beiden Rechnungsprüfer weigerten sich, den Schatzmeister im Landesvorstand zu entlasten. Es sei gar "keine satzungsgemäße Prüfung" möglich gewesen: "Das ist, als ob ein Statiker die Sicherheit eines Hauses anhand eines Fotos nachvollziehen soll." Man könne es sich "nicht leisten, wie ein Kleintierzüchterverband" zu agieren, man müsse wissen, wenn da "womöglich der nächste Spendenskandal liegt". Den Vorwürfen widersprach zwar der Schatzmeister, eine Entlastung der Sichert-Truppe wurde aber verschoben.

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