Kritik an Trump:Habeck darf das

Grüne: Robert Habeck und Annalena Baerbock

Die Bundesvorsitzenden der Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, am 20. Januar in Berlin.

(Foto: dpa)

Trump hat eine Regel: Er darf beleidigen, aber nicht beleidigt werden. Wie damit umgehen? Grünen-Chef Robert Habeck darf seinen Grant ruhig zeigen.

Kommentar von Daniel Brössler, Berlin

Robert Habeck ist ein Kunststück gelungen. Der Grünen-Chef hat Donald Trump die Show gestohlen. Zumindest in Deutschland. Nicht die Rede des US-Präsidenten beim Weltwirtschaftsforum in Davos ruft heftige Kritik hervor, sondern Habecks Reaktion darauf. Das hat insofern seine Richtigkeit, als Trumps Rede in Form und Inhalt so zu erwarten gewesen ist, Habecks Antwort aber nicht. Habeck hat die Rede, die angeblich schlechteste die er je gehört hat, als "Desaster" bezeichnet und Trump als Gegner, mit dem der Kampf aufgenommen werden müsse. Seitdem wird nun über die Frage diskutiert, ob Habeck Kanzler kann. Der CDU-Politiker Norbert Röttgen attestierte dem Grünen "außenpolitische Einfältigkeit".

Der Vorwurf trifft zumindest insofern zu, als vom Aufritt Trumps nur überrascht gewesen sein kann, wer die vergangenen drei Jahre auf der dunklen Seite des Mondes zugebracht hat. Reden, triefend vor peinlichem Selbstlob, enervierender Egozentrik und beklemmender Wirklichkeitsferne, hat Trump auch schon vor den Vereinten Nationen gehalten. Für Trump ist jede Bühne eine Wahlkampfbühne, auch die in Davos. Keiner konnte erwarten, dass er sie nutzen würde, um sich geläutert dem Kampf gegen den Klimawandel anzuschließen.

Die Kritik an Habeck hat allerdings einen anderen, viel interessanteren Kern. Den nämlich, ob ein deutscher Spitzenpolitiker den gewählten Präsidenten der USA so angehen darf. Wer die vergangenen drei Jahre nicht auf der dunklen Seite des Mondes verbracht hat, weiß, dass es darauf keine einfache Antwort gibt. Trumps Welt ist eine, in welcher der Präsident lügen, pöbeln und bei Bedarf auch Verbündete beleidigen darf. Trumps Welt ist überdies eine, in der scharfe, pointierte Kritik alles darf - außer sich gegen ihn selbst und seine Politik richten. Trump hat also neue Regeln aufgestellt: Er darf beleidigen, aber nicht beleidigt werden.

Der Umgang damit ist Abwägungssache. Eine Möglichkeit zeigt sich im enigmatischen Minenspiel von Kanzlerin Angela Merkel während Presseauftritten mit dem US-Präsidenten. Trump kann vieles, aber er kann niemanden auf sein Niveau herunterzwingen. Die Grenze zur vertretbaren Zurückhaltung liegt erst dort, wo Trump sie als Zustimmung oder gar Anbiederung werten könnte. Sollte Habeck einmal in Regierungsverantwortung kommen und Trump dann noch Präsident sein, sollte auch ihm das die Richtschnur sein. Bis dahin steht es ihm frei, sich über Trump nicht nur aufzuregen. Er darf es auch zeigen.

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