Brucker Amtsgericht:Martyrium statt Familienidylle

Ein Ehepaar aus Fürstenfeldbruck steht wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen vor Gericht. Die missbrauchten Mädchen haben unter Tränen ausgesagt.

Im Prozess gegen ein Ehepaar aus dem Landkreis, das sich derzeit wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen vor dem Amtsgericht in Fürstenfeldbruck verantworten muss, haben am Freitag erneut die beiden mittlerweile erwachsenen Adoptivtöchter als Zeuginnen ausgesagt. Beim Betrachten von Bildern aus mehreren Fotoalben, die nach Ansicht der Verteidiger des Ehepaares ein idyllisches Familienleben dokumentieren sollten, brachen die beiden 22 und 24 Jahre alten Frauen mehrmals in Tränen aus.

An die meisten Aufnahmen könne sie sich nicht mehr erinnern, sagte die jüngere der beiden Schwestern, die Anfang der neunziger Jahre im Alter von fünf und sechs Jahren aus der Ukraine zu ihren Adoptiveltern nach Deutschland gekommen waren und dort ihren Aussagen zufolge ein Martyrium an Gewalt und Erniedrigung erlebten. So mussten die Mädchen häufig Haus- und Strafarbeiten erledigen, wurden immer wieder mit Schlägen traktiert und mit dem Kopf in eiskaltes Wasser getaucht, bis sie Todesangst hatten. "Sie haben uns alles genommen", sagte die 24-Jährige über ihre Adoptiveltern, denen erst 1999 das Sorgerecht für die Mädchen entzogen wurde.

Erst Jahre später entschlossen sich die beiden jungen Frauen, denen es sichtlich immer noch schwer fällt, die Geschehnisse aus ihrer Kindheit aufzuarbeiten, zu einer Anzeige gegen ihre 65 und 58 Jahre alten Adoptiveltern, die im bisherigen Prozessverlauf beharrlich zu den Vorwürfen geschwiegen haben.

In einer weiteren Verhandlung am Amtsgericht, Termin ist der 4.Oktober, wird die sachverständige Psychologin ihr Gutachten vorlegen und erläutern. Für den Tag darauf sind die Plädoyers vorgesehen. Möglicherweise könnte es dann auch noch zu einem Urteil kommen.

© SZ vom 21.09.2010/llg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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