Kampf gegen Staatsschulden:Pfand für gute Haushaltsführung

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Schluss mit lustig: EU-Finanzkommissar Olli Rehn will die EU-Staaten mit härteren Strafen zur Haushaltsdisziplin zwingen. Fast alle Länder sind betroffen - auch Deutschland.

Die Griechenland-Krise war der Warnschuss und hat gezeigt, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt im Ernstfall nicht greift. Nun plant Währungskommissar Olli Rehn der Financial Times Deutschland zufolge Euro-Staaten schneller und mit schärferen Kontrollmechanismen zur Räson zu bringen.

Aus der Krise gelernt: Finanzkommissar Olli Rehn will die EU-Staaten mit neuen Sanktionen zum Sparen zwingen. (Foto: AFP)

Der Finanzkommissar will erreichen, dass ein Land zu Beginn eines Defizitverfahrens eine Sicherheitsleistung von 0,2 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) zahlen muss. Weitere Sanktionen soll die Kommission einfacher als bisher verhängen können. Wenn das Land die Vorgaben nicht einhält, wird das Pfand als Strafe einbehalten - bei erfüllten Auflagen erhält es den verzinsten Betrag als Belohnung zurück.

Die Kommission will die neuen Gesetze am kommenden Mittwoch beschließen, Rehn wird sie am Montagabend den EU-Finanzministern vorstellen. Die neuen Regeln sollen den Währungs- und Stabilitätspakt stärken.

Denn bisher hätten sich die Staaten zu langsam in Richtung der vereinbarten Haushaltsziele bewegt. "Die öffentlichen Finanzen waren dem wirtschaftlichen Abschwung ungeschützt ausgesetzt", zitiert die FTD aus der Begründung für die neuen EU-Gesetze.

Bis auf Luxemburg haben alle Euro-Länder eine höhere Neuverschuldung als die vereinbarten drei Prozent des BIPs, entsprechende Defizitverfahren laufen. Zukünftig soll auch der Schuldenstand stärker berücksichtigt werden, dessen Obergrenze bei 60 Prozent des BIPs liegt.

Auch Deutschland soll Milliarden sparen

Den drei Staaten, die im kommenden Jahr bei einer Gesamtverschuldung von über 100 Prozent kommen werden, und den vier Staaten, die über 80 Prozent liegen, drohen der FTD zufolge zusätzliche Sparvorgaben. Sie müssten ihre Schulden kontinuierlich abbauen - und zwar jährlich um fünf Prozent jener Summe, die sie von der 60-Prozent-Grenze trennt. Deutschland mit einem Schuldenstand von rund 80 Prozent seines BIPs müsste demnach 24 Milliarden Euro jährlich einsparen.

Wie strikt die Sparpläne umgesetzt werden, ist ungewiss. Die Vorschläge werden voraussichtlich von den Mitgliedsstaaten im Rat und vom Europäischen Parlament noch verändert. Die Sanktionen werden zudem von Land zu Land variieren, da Rehns Entwurf eine Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Situation wie Inflation, private Verschuldung und Verpflichtungen zur Rentenzahlung vorsieht.

Der betroffene Staat soll die Sanktionen dafür in Zukunft nicht mehr verhindern können. Die Strafen müssen nicht mehr von den Finanzministern ausdrücklich gebilligt werden, sondern treten nach Kommissionsbeschluss automatisch in Kraft, wenn der Ministerrat nicht binnen zehn Tagen mit qualifizierter Mehrheit widerspricht. Der Schuldensünder hat kein Stimmrecht.

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