Frauenquote:"Das klingt nach lila Latzhose"

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Die meisten Deutschen lehnen eine Quote für weibliche Führungskräfte ab - besonders junge Frauen. Doch Erfahrungen zeigen, dass sich die Lage in Deutschland nur dort bessert, wo es Quoten gibt.

Charlotte Frank

Es brauchte nur sechs Monate und ein bisschen guten Willen. Schon im September, ein halbes Jahr nach Einführung der Frauenquote, meldete die Deutsche Telekom: Der Frauenanteil bei der Einstellung von Nachwuchskräften sei von 33 auf 52 Prozent gewachsen. Doch so stolz die Telekom auf dieses Ergebnis war, so sehr rümpften viele andere die Nase. Laut einer Umfrage des Magazins Wirtschaftswoche kommt für 84 Prozent der Dax-Konzerne eine Frauenquote nicht in Frage.

Die Möglichkeiten für flexible Arbeit werden von den Arbeitnehmern nicht immer genutzt. (Foto: iStock)

Auch die meisten Deutschen lehnen dieses Instrument ab, wie Studien immer wieder zeigen. "Frauenquote, das klingt für viele immer noch nach lila Latzhose", berichtet die nordrhein-westfälische Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) aus ihrer täglichen Erfahrung. Auch deshalb sind es nicht nur Männer, die die Quote blockieren - sondern oft junge Frauen.

Im August ergab eine Emnid-Umfrage: Fast die Hälfte der 16- bis 29-jährigen Deutschen glaubt, dass die beruflichen Chancen zwischen den Geschlechtern gleich verteilt sind. Von den 50- bis 60-Jährigen nimmt das nur ein Viertel an. Sie kennen ja auch den Berufsalltag. Und der ist eben nicht gerecht.

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sind gerade einmal 27 Prozent der Führungskräfte weiblich. Verglichen mit der Besetzung der 100 größten deutschen Unternehmen ist das noch viel; dort ist weniger als ein Prozent der Vorstandsposten an Frauen vergeben. Und an den Universitäten sind lediglich 17,4 Prozent der Professoren weiblich. Und Frauen verdienen deutlich weniger Geld als Männer: Der Gehaltsunterschied liegt bei 22 Prozent.

Für die Gleichstellung der Geschlechter habe die deutsche Wirtschaft "nichts, schlicht gar nichts getan, wozu sie nicht die Marktlage oder ein Gesetz gezwungen haben", folgert Heide Pfarr, die Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung.

Tatsächlich bessert sich die Lage nur da, wo es Frauenquoten gibt. Im öffentlichen Dienst ist das der Fall, dort werden alle Stellenausschreibungen mit dem Zusatz versehen, dass bei gleicher Qualifikation Bewerberinnen bevorzugt werden. In der Bundesverwaltung konnte der Frauenanteil nach Inkrafttreten des Bundesgleichstellungsgesetzes Ende 2001 um sechs Prozentpunkte gesteigert werden. Dennoch sind in den obersten Bundesbehörden erst 15 Prozent der Abteilungsleiter-Stellen von Frauen besetzt.

Auch die politischen Parteien, die lange vor der CSU eine Frauenquote eingeführt haben, sind bei der Gleichberechtigung viel weiter. Bei den Grünen etwa, die seit 1986 eine 50-Prozent-Quote haben, sind 54,4 Prozent aller Bundestagsabgeordneten weiblich, das ist der höchste Frauenanteil im Bundestag. Für die CSU hingegen sitzen nur 13 Prozent Frauen im Parlament.

Keine Liebe, trotz aller Erfolge

Doch trotz aller Erfolge: Die Frauenquote wird nicht geliebt. Immer noch werden Frauen, die unter einer solchen Regelung eingestellt oder befördert werden, als "Quotenfrau" abqualifiziert. Nur weil es die Quote gibt, sei die Frau an ihre Stelle gekommen, heißt es dann oft - aber fast nie: Nur weil sie eine Frau ist, wäre sie sonst wohl nicht an diese Stelle gekommen.

In Bayern kritisierte die Quote zuletzt besonders laut die 26-jährige JU-Vizechefin Katrin Poleschner. Für die Grüne Barbara Steffens aus Nordrhein-Westfalen ist das typisch: "Junge Frauen, die in der Schule und in der Ausbildung sehen, dass sie mindestens so erfolgreich sind wie Männer, können sich die späteren Schwierigkeiten oft nicht vorstellen", sagt sie.

Tatsächlich haben sich in der Vergangenheit stets Frauen für die Quote eingesetzt, die längst am Ziel waren - wie Barbara Steffens oder wie zuletzt die CSU-Europaabgeordnete Angelika Niebler. Steffens etwa arbeitet gerade an einer Bundesrats-Initiative, durch die börsennotierte Unternehmen zu einer Frauenquote im Aufsichtsrat gezwungen werden sollen. Noch diesen Herbst will sie den Vorschlag einbringen.

Kein Gesetzentwurf in der Schublade

Auch in den Justizministerien der Länder tut sich Einiges: Im Juni haben die Landesminister beschlossen, eine Regelung für mehr Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen anzustoßen. Auf Bundesebene finden sie damit jedoch kaum Gegenliebe: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) äußert sich zur Quotenregelung allenfalls zurückhaltend.

Und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erklärte jüngst in der Zeit: "Ich bin keine Anhängerin einer Quote und habe keinen Gesetzentwurf dafür in der Schublade, auch kein Arbeitspapier."

© SZ vom 05.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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