Yuan gegen Dollar:Krieg der Währungen

Mehr Yen, mehr Dollar, mehr Yuan: Wenn Japan, die USA und China um die Wette Geld drucken, ist das äußerst gefährlich - auch für Deutschland. Jetzt gilt es, das Feuer auszutreten.

Nikolaus Piper

Deutschland lebt auf einer Insel der Seligen. Die Wirtschaft ist so stark wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Gerade hat der Internationale Währungsfonds seine Wachstumsprognose für Deutschland heraufgesetzt; noch im Juli rechneten die IWF-Experten mit 1,4 Prozent, jetzt sind es 3,3 Prozent.

Yuan gegen Dollar: Die USA und China befinden sich seit langem in einem Währungsstreit.

Die USA und China befinden sich seit langem in einem Währungsstreit.

(Foto: AFP)

So eine Korrektur innerhalb von nur drei Monaten ist sensationell, vor allem weil gleichzeitig die Prognose für die USA herabgesetzt wurde. Wieder werden die Deutschen ob ihrer ökonomischen Effizienz weltweit bewundert (und ein wenig gefürchtet), fast wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders nach 1948.

Das Problem dabei ist, dass es heute keine Inseln der Seligen mehr gibt. Wenn die Welt rundherum in Aufruhr ist, dann merkt man das früher oder später auch zu Hause. Konkret: Im nächsten Jahr werden die Zeiten auch für Deutschland wieder härter. Für den Aufruhr in der Weltwirtschaft gibt es klare Indizien. Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, warnt vor einem "Währungskrieg". Die Bank von Japan druckt massiv Geld, um den Kursanstieg des Yen zu bremsen und die drohende Deflation, also eine Spirale von Preissenkungen, zu verhindern. Die US-Notenbank bereitet sich darauf vor, genau dasselbe zu tun, obwohl sie in der Finanzkrise bereits mehr als eine Billion Dollar in die Wirtschaft gepumpt hat. Gold, die Währung der Angst, kostet so viel, wie sich dies vor wenigen Monaten nur wenige vorstellen konnten.

Die Welt ist in Unordnung, die Risiken nehmen zu. Genauer: Die globalen Ungleichgewichte, die wesentlich zum Ausbruch der Finanzkrise beigetragen haben, sind nicht beseitigt. Noch immer verbrauchen die USA viel mehr, als sie produzieren, während die Überschüsse Chinas und Deutschlands steigen. Vor der Krise waren es die Schulden der amerikanischen Verbraucher und der Banken, die diese Ungleichgewichte überdeckten und die Illusion der Stabilität erweckten, heute sind es das US-Staatsdefizit und das Geld der Federal Reserve. Besonders auf eine Zahl im neuen IWF-Bericht sollten deutsche Politiker achten: Der Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz wird 2010 auf 6,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen und damit den chinesischen Wert weit übersteigen.

Damit haben die Deutschen zunächst ein politisches Problem. Die Bundesregierung wird wieder unter massiven Druck geraten, mehr auszugeben und weniger zu sparen. Der ökonomische Druck wird folgen, vor allem in Form eines steigenden Euro-Kurses. Das macht vielleicht den deutschen Exporteuren weniger aus, wohl aber Iren, Griechen und Portugiesen. Deren Probleme mit den Staatsfinanzen könnten wieder zunehmen, wie der IWF indirekt warnt. Auf diesem Umweg kommen die Probleme dann sehr schnell erneut in Deutschland an.

Zwei Szenarien für Obama - beide sind schlecht

Es geht dabei um etwas sehr Grundsätzliches. Im Herbst 2008 war die Finanzkrise nahe daran, sich zu einer zweiten Weltwirtschaftskrise auszuwachsen, die vielleicht sogar noch schlimmer hätte werden können als die in den dreißiger Jahren. Die Katastrophe wurde dank beispielhafter internationaler Koordination von Regierungen und Notenbanken verhindert. Doch nun, da das Schlimmste vorbei ist, funktioniert diese Zusammenarbeit nicht mehr.

Die Nationen kümmern sich um ihre eigenen Angelegenheiten und fragen nicht mehr, wie sich die eigene Politik auf andere Länder auswirkt. Das ist in Deutschland so, wo die Politik ihre Energien mit Hartz IV und Stuttgart 21 aufzehrt, das ist noch viel stärker so in den Vereinigten Staaten. Einen Monat vor den Kongresswahlen ist das politische Leben in Washington zum Stillstand gekommen. Die weit nach rechts gerückte Republikanische Partei steht vor einem historischen Sieg und könnte das Repräsentantenhaus und den Senat erobern. Präsident Barack Obama ist geschwächt, er hat die Verbindung zu den eigenen Wählern verloren und zeigt international kaum noch Führung. Die Positionen der Republikaner sind mittlerweile nur noch bizarr. Sie machen Obama für die Rezession verantwortlich und versprechen Steuersenkungen ebenso wie ein ausgeglichenes Budget. Alles zusammen ist gefährlicher Unsinn.

Für die Zeit nach den Wahlen am 2. November gibt es zwei Szenarien, beide sind bedenklich für den Rest der Welt: Entweder Kongress und Präsident blockieren sich komplett, dann laufen sämtliche Steuersenkungen aus der Ära Bush aus, was einer massiven Steuererhöhung gleichkäme. Dadurch könnten die USA in die Rezession zurückfallen. Oder Obama gibt nach, und die Steuersenkungen werden auch für reiche Amerikaner festgeschrieben. Dann würde das Defizit im US-Staatshaushalt weiter unkontrolliert wachsen. Beides wäre schlecht für den Dollar und die Weltwirtschaft.

Mit der Kriegs-Metapher sollte man immer sehr vorsichtig sein, wenn es um Wirtschaftsfragen geht. Aber die Warnung des IWF-Chefs vor einem Währungskrieg ist sehr berechtigt. Eine Welt, in der die USA politisch gelähmt sind und in der die Notenbanken darum wetteifern, wer mehr Yen, Dollar oder Yuan druckt, ist ein ungemütlicher Ort. Die führenden Wirtschaftsmächte müssen das Feuer jetzt sehr schnell austreten.

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