RTL2: Sendung mit Stephanie zu Guttenberg:Täterjagd mit Ministergattin

RTL2 will seriös werden - und kündigt eine Sendung mit Stephanie zu Guttenberg an. Ein gelungener PR-Schachzug.

Christina Maria Berr

Der Münchner Frauentausch- und Big-Brother-Kanal RTL 2 will offensichtlich weg von seinem Schmuddelimage. Der Sender, dem bislang vor allem die Zone um die Gürtellinie recht war, flirtet jetzt mit dem seriösen Fach.

Stephanie zu Guttenberg bei RTL II

Stephanie zu Guttenberg bei RTL2: Expertise für die Sendung Tatort Internet - und gute Werbung für den Münchner Sender.

(Foto: dpa)

Man wolle bestimmte Tabus nicht mehr brechen und vor allem künftig nicht mehr als Beispiel für primitives Privatfernsehen herangezogen werden, so verkündete es der Senderchef. Bereits im Juli erklärte Jochen Starke: "Wir befinden uns bei RTL2 auf dem Weg zum Erwachsenwerden."

Und das Erwachsenwerden geht nun offenbar auch so: Bundesverteidigungsministergattin Stephanie zu Guttenberg und Hamburgs ehemaliger Innensenator Udo Nagel jagen für RTL 2 gemeinsam Kinderschänder im Internet. Tatort Internet - Schützt endlich unsere Kinder, heißt die Programmpunktparole. Das verkündete RTL2 auf einem Pressegespräch.

Die 33-jährige Frau des Verteidigungsministers - auf Senderfotos mit betroffenen Gesichtsausdruck und im streng wirkenden Kleid - solle "mit ihrer Expertise zur Seite stehen", wie die Programmmacher stolz verkünden. In zehn Folgen - demnächst immer montags - will man mutmaßlichen Tätern auf die Spur kommen.

Bereits heute Abend wird die Sendung erstmals ins Programm genommen. Und so wird also nun zur Primetime um 20:15 Uhr, dann also, wenn ursprünglich ein Spezialkommando aus einem Fernsehkrimi mit Heldentaten aufwarten sollte, die vermutlich nicht minder dramatisch angelegte Sendung mit angeheiratet ministerieller Unterstützung laufen.

Ein gelungener PR-Schachzug des Münchner Senders! Umgesetzt wird eine amerikanische Vorlage. Sie hieß To catch a predator und in ihr wurden Triebtäter von scheinbar minderjährigen Opfern in die Falle gelockt. Man möchte kaum glauben, dass RTL2 nun mit Recherchejournalismus aufwarten will. Und noch viel weniger möchte man glauben, dass Stephanie zu Guttenberg dafür auch noch Schützenhilfe geben will. Doch sie will offenbar.

Das in den Medien glanzvoll hofierte Paar Guttenberg - bisweilen werden den beiden sogar Königsqualitäten nachgesagt - kann dem Sender nur nützen. Besonders praktisch ist, dass Stephanie zu Guttenberg als Präsidentin des deutschen Ablegers des Kinderschutzvereins Innocence in Danger auch noch gerade ihr neues Buch vorgestellt hat: Schaut nicht weg! Was wir gegen sexuellen Missbrauch tun müssen. Guttenberg hat sich auch mehrfach in den Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender dazu geäußert und etwa für das Blockieren von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten ausgesprochen, etwa durch eine sogenannte Hybridsperre, die beispielsweise in Großbritannien zum Einsatz kommt.

Die Medienkampagne der RTL2-Macher scheint stabsmäßig durchgeplant. Bild bekam Informationen vorab. Dort kam auch Frau Guttenberg zu Wort, die ihre Betroffenheit kundtat und warnte: "Viele Eltern ahnen davon nichts." Das Hamburger Magazin Stern wartete mit einer exklusiven Titelgeschichte und seitenweise Fotos auf. Offenbar eignen sich gerade diese beiden Medien, um eine Seriositätsoffensive zu starten. Andere Medien wurden zu einem mysteriösen Hintergrundsgespräch eingeladen. Der Brief des Senders war nicht mit dem üblichen Sendermotto "it's fun" versehen. Stattdessen fand man den Slogan: "investigativ, seriös und gesellschaftlich relevant". Man möchte es zu gerne glauben.

In der Guttenberg'schen RTL2-Sendung soll nun beispielsweise eine Schauspielerin mit dem Profil einer 13-Jährigen chatten. Ein Familienvater antwortet, wird zu einem Treffpunkt gelockt - und vom RTL2-Team zur Rede gestellt. Fernsehermittlungen, die letztlich in realen Polizeieinsätzen enden, sind durchaus ein kontrovers diskutiertes Unterfangen. Mag auch der Einsatz von Stephanie zu Guttenberg gegen Kinderpornographie im Netz ehrenwert sein, eine Expertise ihrerseits ist dazu nicht nötig, dem Image des Verteidigungsministers wohl auch kaum zuträglich, der RTL2-Quote indes umso mehr.

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