Grubenunglück in Chile:Warten auf die Stunde X

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Der Abstand des Bohrers des Rettungsteams zu den Kumpel sinkt, die Hoffnung steigt: Die Befreiung der verschütteten Bergleute in Chile steht offenbar kurz bevor - nur noch 80 Meter trennen sie von der Freiheit.

Weniger als 80 Meter Gestein trennten die eingeschlossenen Bergleute in Chile am Donnerstag noch vom Bohrer des tiefsten Rettungsschachts. Seit dem 5. August sitzen die Kumpel in etwa 700 Metern Tiefe fest. Und nun steigt die Spannung im Camp Esperanza (Hoffnung), in dem Angehörige seit Wochen bei der Mine San José in der Atacama-Wüste zelten. Familienmitglieder würden schon die Stunden zählen, bis der Bohrer vom Typ Schramm T-130 bis zu den Eingeschlossenen vordringe, berichtete die chilenische Zeitung El Mercurio.

Der Countdown für Rettung der chilenischen Bergleute läuft: Nur noch 80 Meter trennen den Bohrer des Rettungsteams von den Verschütteten. (Foto: dpa)

Wann genau dann die Rettung der insgesamt 33 Bergleute beginnen könnte, war indes weiter unklar. Sobald der Rettungsschacht einen Werkstattraum in etwa 630 Meter Tiefe erreicht, zu dem die Kumpel Zugang haben, soll die Innenwand des Tunnels untersucht werden. Ist sie stabil genug, könnten die Bergleute direkt in einer Rettungskapsel - einer modernen Version der sogenannten Dahlbuschbombe - einer nach dem anderen nach oben gezogen werden. Wenn nicht, müssten Stahlrohre in den Schacht eingelassen werden. Das würde die Rettung um vier bis acht Tage verzögern.

Für die Rettung der in 700 Meter Tiefe verschütteten Männer laufen die letzten Vorbereitungen. Am Mittwoch trafen spezielle Schutzbrillen ein, welche die Augen der Kumpel bei ihrem ersten Kontakt mit der Außenwelt von schädlichen UV-Strahlen schützen sollen. Ein Lazarett war am Donnerstag fast fertig. Fünf Hubschrauber für den Transport der Bergleute in ein Krankenhaus in der Stadt Copiapó standen bereit.

Es werde mindestens 24 Stunden dauern, alle Eingeschlossenen einen nach dem anderen nach oben zu ziehen. Allerdings sah es so aus, als ob die Rettungsexperten kein unnötiges Risiko eingehen würden und mit dem Hochziehen der Bergleute doch nicht an diesem Wochenende beginnen würden. "Sie haben uns gesagt, dass der Bohrer bei einer Tiefe von 535 Meter angelangt sei. Und obwohl nun nicht mehr viel fehle, würden sie (die Kumpel) nicht an diesem Wochenende hochgeholt", sagte María Segovia, die Schwester des verschütteten Bergarbeiters Darío Segovia.

Während der Bohrer weiter in die Tiefe vordrang, bereiteten sich die Kumpel in der Tiefe weiter auf die Rettung und die Tage danach vor. Vor allem erwartet sie ein beachtlicher Medienrummel. Bis zu 2000 Journalisten und Medienmitarbeiter aus aller Welt wurden bei der Mine erwartet. Um die Kumpel vor diesem Ansturm abzuschirmen, wenn sie ihre Frauen, Kinder und Geschwister wiedersehen, stehen für sie Ruheräume zur Verfügung. Einige der Ehefrauen fuhren unterdessen schon mal in die nahe gelegene Stadt Copiapó, um sich beim Friseur für ihre Männer richtig schön machen zu lassen.

Auch Chiles Bergbauminister Laurence Golborne macht derzeit ein gute Figur. Das Grubendrama hat seine Popularität in ungeahnte Höhen katapultiert. Der 49 Jahre alte frühere Manager, der im Frühjahr noch weitgehend unbekannt war und dessen Berater seinen englischen Nachnamen einen spanischeren Einschlag geben wollten, ist Umfragen zufolge inzwischen der beliebteste Politiker des südamerikanischen Landes. 87 Prozent aller Befragten äußerten sich positiv über den stets freundlich lächelnden Minister.

© SZ vom 08.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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