Prozess gegen Verena Becker:Eklat im RAF-Prozess

Lange zogen sie am selben Strang, jetzt ist die Stimmung vergiftet: Im Stuttgarter RAF-Prozess erhebt Michael Buback, Sohn des Opfers, schwere Vorwürfe gegen die staatlichen Ermittler - worauf Bundesanwalt Hemberger regelrecht expoldiert.

Wolfgang Janisch

Im Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker nehmen die Spannungen zwischen Bundesanwaltschaft und dem als Nebenkläger auftretenden Göttinger Professor Michael Buback zu.

Vorschau: Prozessbeginn gegen Verena Becker wegen moeglicher Beteiligung an Buback-Ermordung

Sicher ist nur, dass Generalbundesanwalt Siegfried Buback 1977 von RAF-Terroristen erschossen wurde. Ob Verena Becker unter den Tätern war, soll der Prozess in Stuttgart klären - der nun von Unstimmigkeiten zwischen Bundesanwaltschaft und Opfer-Sohn Michael Buback überschattet wird.

(Foto: dapd)

Am vierten Prozesstag entzündete sich der Streit erneut an dem Motorrad, von dessen Beifahrersitz am 7.April 1977 die tödlichen Schüsse auf Siegfried Buback und seine Begleiter abgefeuert worden waren. Die zunächst als Beweismittel aufbewahrten Suzuki GS 750 war Jahre nach der Tat freigegeben und verkauft worden. Michael Buback hatte der Behörde vorgeworfen, sie habe die Freigabe nicht dokumentiert.

Im Gerichtssaal räumte Buback nun auf Fragen von Bundesanwalt Walter Hemberger ein, dass er vor ein bis zwei Jahren durch eine E-Mail einen Hinweis auf den Verbleib der Maschine erhalten habe - was er aber als "Kuriosität" abgetan habe. Hemberger nannte es "völlig unverständlich", dass Buback ihn darüber nicht informiert habe, obwohl er die Bundesanwälte sonst mit zahlreichen Hinweisen konfrontiere.

Buback konterte, der Bundesanwalt habe ja den Kontakt zu ihm abgebrochen - woraufhin dieser regelrecht explodierte: Dies sei nicht wahr, "das ist eine Unverschämtheit." Schon zuvor hatte Hemberger den Sohn des einstigen Generalbundesanwalts ermahnt, den Zeugen nicht durch Suggestivfragen die Antwort gleichsam in den Mund zu legen.

"Nein, nein, nein."

Am Donnerstag hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart drei Zeugen vernommen, die den tödlichen Anschlag unmittelbar am Tatort beobachtet hatten. Darunter war auch ein Arbeiter aus Jugoslawien, dessen Auto an jenem 7. April 1977 unmittelbar neben dem Dienstfahrzeug Bubacks an der Ampel wartete, als die tödlichen Schüsse fielen. Doch die Hoffnung Bubacks, der 62-Jährige könnte eine Frau auf dem Beifahrersitz des Motorrads identifiziert haben, erfüllte sich nicht: Der Zeuge konnte sich selbst an wesentliche Details des Tatgeschehens nicht erinnern. Auf die Frage, ob er die beiden Personen auf dem Motorrad als Männer oder Frauen habe identifizieren können, schüttelte er nur den Kopf und sagte: "Nein, nein nein."

Bubacks Vermutung, der Zeuge habe unmittelbar nach dem Attentat von einer Frau gesprochen, rührt von einer Pressemitteilung des Innenministeriums vom Tag des Anschlags her, in der ebenfalls von den Beobachtungen des Jugoslawen die Rede ist. Weiter heißt es dort, geschossen habe der Beifahrer des Motorrads, "möglicherweise eine Frau".

Im eigentlichen Vernehmungsprotokoll vom 7.April 1977 lautet die maßgebliche Stelle dagegen: "Ich konnte nicht unterscheiden, ob es sich um Männer oder Frauen oder um Mann und Frau gehandelt hat." Das OLG hegte zudem Zweifel am Wert der damaligen Aussage, weil der Mann seinerzeit ohne Dolmetscher vernommen worden war. Angesichts der immer noch schwachen Deutschkenntnisse des 1969 eingewanderten Mannes unterbrach das Gericht die Vernehmung und ließ einen Dolmetscher kommen.

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