Weniger Geld für Bildung:Britische Unis am Abgrund

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Großbritannien muss sparen wo es nur geht, da bleiben auch die Hochschulen nicht verschont. Es drohen Kürzungen von bis zu 80 Prozent. Das könnte die Studiengebühren in ungeahnte Höhen treiben.

Johan Schloemann

Willkommen im "Valley of death", im Tal des Todes. So bezeichnet Steve Smith, Völkerrechtsprofessor, Rektor der Universität Exeter und Präsident des britischen Universitätsverbandes "Universities UK", das Schicksal, das der Wissenschaftslandschaft des Vereinigten Königreichs bevorstehen könnte.

Angst an britischen Unis: Im Zuge der Sparpläne der Regierung soll es bis zu 80 Prozent weniger Geld für Hochschulen geben. Davon wäre auch das Magdalen College in Oxford (im Bild) betroffen. (Foto: ddp)

An diesem Mittwoch zur Mittagszeit wird in London Schatzkanzler George Osborne die Sparpläne der konservativ-liberalen Regierung verkünden. Das ganze Land zittert vor dieser "Spending Review", die Medien bieten Informationen dazu unter Titeln wie: "Cuts watch - wo die Axt angesetzt wird". Und die Universitäten zittern mit: Die massiven Haushaltskürzungen, die das britische Rekorddefizit in Folge der Finanzkrise begrenzen sollen, werden auch Forschung und Lehre nicht verschonen.

Der liberaldemokratische Wirtschaftsminister Vincent Cable sagte bereits vor der Verkündung der konkreten Zahlen: "Wir sind ein ärmeres Land als vor zwei Jahren. Universitäten müssen sich fragen, wie sie für weniger Geld mehr leisten können." Und vor einigen Tagen wurde eine E-Mail bekannt, die besagter Steve Smith an seine Rektorenkollegen schickte: Dort lässt der Verbandspräsident wissen, die Regierungszuschüsse für die Lehre an Universitäten in England (ohne Schottland und Wales) würden voraussichtlich von 3,9 Milliarden Pfund auf 700.000 Pfund zusammengestrichen, also von 4,4 Milliarden Euro auf 795.000 Euro.

Das wäre eine Kürzung um nahezu achtzig Prozent. Zudem würden wahrscheinlich die Zuschüsse für Forschung um rund eine Milliarde Pfund (1,13 Milliarden Euro) reduziert. Mit dem "Tal des Todes" ist die Lücke gemeint, die möglicherweise demnächst durch deutlich höhere Studiengebühren gefüllt werden soll; sogar von einer eigenen Akademikersteuer ist die Rede.

Nun sieht die überaus wettbewerbsfähige britische Wissenschaft einen dramatischen brain drain drohen. In anschwellenden Protesten wird darauf verwiesen, dass gerade erst drei britischen Forschern Nobelpreise zugesprochen wurden - und dass man nicht an der Wurzel künftigen Wachstums herumschneiden dürfe. Während die renommiertesten Eliteuniversitäten wie Oxford und Cambridge durch Stiftungsgeld und hohe Gebühren für ausländische Gaststudenten immer irgendwie durchkommen, fürchten die durchschnittlicheren, oft aber sehr leistungsfähigen Einrichtungen das Schlimmste. Mindestens jedoch sollten jene Forscher weiter Geld bekommen, die der heiß umstrittenen Frage nachgehen, ob die laxe amerikanische Schuldenpolitik oder die strenge britische Sparpolitik den ökonomischen Königsweg darstellt.

© SZ vom 20.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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