Konjunktur:Prognose im XL-Format - die Kommunen freuen sich

Der Optimismus erreicht Berlin: Die Regierung rechnet mit einem Konjunktur-Anstieg um 3,4 Prozent. In den Kassen der Kommunen macht sich der Aufschwung bemerkbar.

G. Bohsem, C. Hulverscheidt und M. Kuntz

Auch die Bundesregierung lässt sich von den positiven Aussichten für die deutsche Wirtschaft anstecken. Die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent, wie Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) mitteilte. Die Entwicklung wird sich demnach auch 2011 fortsetzen, allerdings mit vermindertem Schwung: Brüderles Fachleute erwarten dann nur noch ein Plus von etwa 1,8 Prozent.

Deutsche wirtschaft wächst

Auch die Bundesregierung glaubt nun, dass die Krise vorbei ist - und erhöht ihre Prognose.

(Foto: dpa)

Während die meisten anderen Experten für 2011 ebenfalls nur vorsichtig optimistisch sind, hält der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) einen Zuwachs von 2,4 Prozent für möglich. "Das wäre immerhin ein doppelt so starkes Wachstum wie im Durchschnitt der letzten 20 Jahre", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Die tiefste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik werde damit im kommenden Jahr überwunden sein.

Die hohen Erwartungen spiegeln sich in guten Erträgen bei den Unternehmen wider, und das wirkt sich auch positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Wie aus einer Umfrage des DIHK hervorgeht, wollen die Betriebe im Aufschwung mindestens 300.000 neue Jobs schaffen. Allein in der Gesundheitsbranche würden 2011 Zehntausende neue Arbeitnehmer eingestellt. Auch Betriebe in den Bereichen Metallerzeugung, Elektrotechnik, Computertechnik, Handel und Maschinenbau suchten Mitarbeiter. "Der stärkste Beschäftigungsimpuls kommt von mittelständischen Unternehmen, die 20 bis 1000 Beschäftigte haben", sagte Wansleben. Der Einzelhandel sei so zufrieden wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Auch Baufirmen vermeldeten Spitzenwerte.

Das neue "Wirtschaftswunder" stellt die Unternehmen aber auch vor große Herausforderungen. Da die konjunkturelle Erholung schneller kam als erwartet, kommt es bei Transportfirmen bereits zu Engpässen. Speditionen, Bahnunternehmen und Reedereien haben Kapazitäten nicht nur vorübergehend stillgelegt sondern auch zu stark abgebaut, um die überraschend starke Nachfrage jetzt befriedigen zu können.

Die neue Regierungsprognose ist von großer Bedeutung für die weitere Arbeit der Koalition. So ermittelt etwa der Arbeitskreis Steuerschätzung auf Basis der amtlichen Konjunkturannahmen die voraussichtlichen Einnahmen des Staates, die wiederum die Eckdaten für die Haushaltsplanung darstellen. Weil die Wirtschaftsaussichten bei der letzten Steuerschätzung im Mai noch deutlich schlechter waren, könnten die Steuereinnahmen in diesem und im kommenden Jahr nun um bis zu 30 Milliarden Euro höher ausfallen als zunächst erwartet.

Die Gemeinden freuen sich

In den Kassen der Städte und Gemeinden macht sich der Wirtschaftsaufschwung bereits bemerkbar. Erstmals seit Beginn der Krise werden nach Informationen der SZ die Gewerbesteuereinnahmen 2010 wieder steigen. So waren die Einnahmen im dritten Quartal gut 34 Prozent höher als die im Vorjahreszeitraum. Das Minus von 6,8 Prozent in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wird damit deutlich kompensiert. Insgesamt liegt das Plus bei der Gewerbesteuer nun bei sieben Prozent. Ursache seien neben der guten Wirtschaftslage auch Nachzahlungen von Unternehmen, die 2009 deutlich bessere Geschäfte gemacht hatten als zunächst erwartet.

Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Monika Kuban, wertete die Zahlen als Argument für die Gewerbesteuer, deren Zukunft von der schwarz-gelben Koalition in Frage gestellt wird. Zugleich betonte sie, die höheren Einnahmen sollten nicht über die dramatische Lage bei den Städten hinwegtäuschen: "Die Gewerbesteuereinnahmen liegen gegenüber 2008 immer noch um 17 Prozent niedriger, auch aufgrund von Steuerrechtsänderungen."

Zudem erwarteten die Kommunen nach wie vor ein zweistelliges Defizit im laufenden Jahr. "Dabei ist die Belastung der Städte mit Sozialausgaben das Hauptproblem." Der Bund solle die Reform der Gemeindefinanzen deshalb unbedingt mit einer Entlastung in diesem Bereich verbinden. "Und es sollte niemand versuchen, solche Entlastungen mit einer Schwächung der Gewerbesteuer zu verbinden", sagte Kuban.

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