Die CSU will nicht schon wieder Blut sehen. Sie will keine Revolten wie in der Vergangenheit, keinen Sturz ihres Anführers. Minutenlanger Applaus und Bravo-Rufe für Horst Seehofer beim Parteitag - das war kein Ausdruck echter Begeisterung, sondern eine Mahnung.
Der zweitätige Parteitag der CSU geht dennoch mit einer für Seehofer bitteren Erkenntnis zu Ende. Die CSU hat angefangen, sich innerlich von ihm zu verabschieden. Sie ist es leid, seinen Wankelmut ertragen zu müssen. Das denkbar knappe Votum für die von Seehofer vehement geforderte Frauenquote zeigt, wie seine Führungskraft in der Partei schwindet.
Die Partei handhabt das Problem jetzt wie bei den Atomkraftwerken. Am Wochenende beschloss die CSU eine befristete Laufzeitverlängerung für Seehofer. Irgendwann in der Zukunft soll er vom Netz. Nur der Zeitpunkt, der ist noch nicht ganz klar. Die Partei hat aber keine Angst vor diesem Schritt.
Die Sympathien gehören jetzt schon Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Er ist für viele der Parteichef in Reserve, der Mann zum Einwechseln, wenn Seehofer stürzt. Allein der Umstand, jemanden zu haben, gibt der Partei ein wohliges Gefühl. Horst Seehofer hat auf dem Parteitag nicht die Chance genutzt, mit seiner Rede noch einmal echte Leidenschaft für sich zu wecken.
Er selbst wirkte lustlos und brauchte geschlagene anderthalb Stunden, um die Delegierten überhaupt ein wenig in Wallung zu bringen. Seehofer kann das besser, eigentlich liegt es ihm, die Stimmung zu drehen, wenn andere nicht mehr daran glauben. Bei dem Parteitag stellte sich die Frage, ob er das überhaupt noch will.