Aggressives Marketing in der Grundschule:Einmal Mittagessen - und ein Konto gleich dazu

Mittagessen nur noch mit der Geldkarte: Die größte deutsche Sparkasse Haspa hat Eltern dazu gedrängt, für ihre Kinder ein Girokonto bei dem Institut zu eröffnen. Und die Schulleitung unterstützte den Vorstoß.

Guerilla-Marketing mal anders: Die größte deutsche Sparkasse Haspa hat Eltern mit Unterstützung einer Hamburger Grundschule gedrängt, für ihre Kinder ein Girokonto bei dem Institut zu eröffnen. Die Hamburger Schulbehörde bestätigte einen entsprechenden Bericht des NDR. Danach hatten Schulleitung und die Hamburger Sparkasse die Aufforderung zur Eröffnung eines Kontos in einem gemeinsamen Schreiben damit begründet, dass das Essen in der Kantine der Hamburger "Schule am Walde" künftig mit Geldkarten bezahlt werden soll.

Hamburger Sparkasse

Die größte deutsche Sparkasse Haspa soll Eltern mit Unterstützung einer Grundschule dazu gedrängt haben, für ihre Kinder ein Girokonto bei dem Institut zu eröffnen. In einem gemeinsamen Schreiben der Schulleitung und Haspa sei die Aufforderung damit begründet worden, dass das Essen in der Kantine künftig mit sogenannten Geldkarten bezahlt werden solle.

(Foto: dpa)

"Das geht natürlich überhaupt nicht", sagte eine Sprecherin der Schulbehörde. Die Schulleitung sei aufgefordert worden, das in einem weiteren Schreiben an die Eltern klarzustellen. Es müsse gewährleistet sein, dass das Schulessen mit jedweder Geldkarte sowie in Bar bezahlt werden könne. Mit Blick auf die große Nähe der Haspa zu der Grundschule als Partner des Bildungsinstituts verwies die Sprecherin auf die Sponsoringrichtlinie, die genau festlege, was möglich sei und was nicht.

In dem Schreiben von Schulleitung und Haspa heißt es nach NDR-Angaben: "Als Partner der Schule am Walde unterstützen wir sehr gerne die Einführung des neuen Zahlungsmittels und stellen das komplette System zur Verfügung. (...) Bitte eröffnen Sie für Ihr Kind ein Schüler-Girokonto bei der Haspa." Im Briefkopf des Anschreibens stehe das Logo der Grundschule neben dem der Haspa. Unterzeichnet sei das Schreiben von einem Sparkassen-Mitarbeiter und dem stellvertretenden Schulleiter. Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg hatte bereits betont, dass in der Schulkantine selbstverständlich auch Geldkarten anderer Institute einsetzbar seien. Die Haspa stelle nur das System zur Verfügung und biete ein kostenloses Schüler-Girokonto an, sagte sie. "Den Informationsbrief werden wir dahingehend noch deutlicher formulieren."

Die Haspa war erst Anfang November in die Schlagzeilen geraten, weil sie psychologische Kundenprofile zum besseren Verkauf von Versicherungen oder Aktien erstellt hatte. Nach eigenen Angaben hat sie diese Praxis inzwischen aufgegeben und alle Profile gelöscht. "Dass die Schule nicht das Gespür dafür hat, wie gefährlich das ist, dass Kinder hier richtig früh für das Bezahlen mit Karten angefixt werden, das wundert mich schon sehr, denn dort sollten doch eigentlich Pädagogen sitzen", sagte Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg dem NDR.

Die Schulleitung hat den Brief dagegen dem Bericht zufolge verteidigt und darauf verwiesen, dass die Haspa regelmäßiger Sponsor der Grundschule sei. Laut NDR treten Sparkassen und Banken über die "Initiative Geldkarte" bundesweit über Schulen an Kinder und Jugendliche heran. In Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein haben demnach knapp 30 Schulen eine Bezahlung der Schulverpflegung per Geldkarte eingeführt. In fast allen Fällen sei der Kooperationspartner eine Sparkasse.

Bundesweit hätten rund 350 Schulen die Bezahlung mit der Geldkarte eingeführt. Die Haspa ist nach eigenen Angaben für die Hälfte der Hamburger Bürger die Hauptbank. Sie wies im vergangenen Jahr eine Bilanzsumme von mehr als 37 Milliarden Euro auf und beschäftigte rund 5550 Mitarbeiter.

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