Google-Datenschützerin Whitten:"Wir hätten Gesichtserkennung einführen können"

Google-Datenschützerin Alma Whitten erklärt, wie lange ihr Konzern Informationen über Kunden speichert und auf welche Daten das Unternehmen zugreift.

Helmut Martin-Jung

Google ist für viele zum Synonym geworden für Suche im Internet. Der Konzern dominiert den Markt vor allem in Europa und sammelt so auch viele Daten über seine Nutzer. Jeder Suchvorgang wird in Logs protokolliert und auf den Rechnern der Nutzer in Cookie genannten Dateien gespeichert. Die Informatikerin Alma Whitten, seit 2003 bei Google, ist seit kurzem für den Schutz der Privatsphäre von Google-Nutzern zuständig.

SZ: Frau Whitten, wie viel Macht hat eigentlich ein Datenschutzbeauftragter bei Google? Können Sie denn überhaupt etwas verhindern?

Alma Whitten: Oh ja! Meine Chefs sind die Geschäftsführer für Produkte und Entwicklung und ich rede auf Augenhöhe mit der Führungsebene.

SZ: Google kann mit einem Angebot namens Analytics über weite Teile des Internets hinweg verfolgen, wie Nutzer sich darin bewegen. Ist das nicht viel gefährlicher als die Fotos aus dem umstrittenen Dienst Street View, die schon Jahre alt sind?

Whitten: Was man nicht kennt, erscheint einem zunächst einmal rätselhaft. Unsere Herausforderung ist es, die technischen Zusammenhänge dahinter an die Oberfläche zu bringen und verständlich zu machen. Die Nutzer können dann selbst entscheiden, ob ihnen das recht ist oder nicht, und wenn nicht, kann man sich auch entscheiden, das für sich abzuschalten.

SZ: Gilt das auch für Anzeigen des Doubleclick-Netzes, das Google gehört und es auch erlaubt, die Spuren von Nutzern beim Surfen zu verfolgen?

Whitten: Wir haben dazu eine Seite online gestellt, auf der jeder sehen kann, mit welcher Kategorie von Anzeigen sein Profil durch sein bisheriges Surfverhalten thematisch verknüpft worden ist. Wer will, kann auch das Sammeln dieser Daten unterbinden. Vier von fünf Nutzern dieser Seite ändern aber interessanterweise stattdessen die Kategorien der Anzeigen, die für sie angegeben werden.

SZ: Aber wer nicht widerspricht, dessen Daten werden in einen großen Topf gerührt?

Whitten: Man muss unterscheiden, zwischen Nutzern, die sich mit Passwort angemeldet haben, und anderen. Ist jemand angemeldet, fällt es uns leichter, Daten zuzuordnen. Auch hier kann sich aber jeder einen vollständigen Überblick darüber verschaffen, wo er welche Daten bei uns hinterlassen hat.

SZ: Und Nutzer, die nicht angemeldet sind, Leute, die nur mal eben schnell etwas suchen bei Google?

Whitten: Wenn es unterschiedliche Cookies gibt, werden auch die Daten getrennt gesammelt und aufbewahrt. Uns war übrigens von Anfang an klar, dass die Dateien, die jeden Zugriff auf unsere Server aufzeichnen . . .

SZ: . . . die sogenannten Logs . . .

Whitten: . . . dass diese Logs in Bezug auf den Datenschutz sehr sensibel sind. Wir brauchen sie, um Nutzer vor Spam und Viren zu schützen und um unsere Angebote zu verbessern. Wenn etwa jemand etwas sucht: Klickt er auf einen Link oder wiederholt er die Suche? Nicht der einzelne Nutzer ist uns wichtig, sondern das Verhalten der Konsumenten insgesamt.

SZ: Wie lange speichert Google Daten seiner Nutzer?

Whitten: Die Internetadressen werden nach neun Monaten anonymisiert, die Cookies nach 18 Monaten entfernt.

SZ: Wie schützt Google die Nutzerdaten vor unbefugtem Zugriff?

Whitten: Alle kritischen Daten sind durch mehrstufige Sicherheitsvorkehrungen geschützt. Auch in der Firma wird der Zugang zu persönlichen Nutzerdaten streng limitiert. Die meisten, die bei uns mit Log-Dateien arbeiten, haben keinen Zugriff auf verknüpfte Internetadressen. Die diesen Zugang brauchen, werden genau überwacht, um Missbrauch zu vermeiden.

SZ: Google experimentiert auch mit Gesichts- und Spracherkennung. Können Sie auch daraus schon sinnvoll Daten extrahieren und was hieße das für die Google-Nutzer?

Whitten: Wir hätten für das Handyprogramm Googles schon Gesichtserkennung einführen können, haben uns aber dagegen entschieden, weil wir es problematisch fanden. Wir haben das auch klar gesagt. Es ist nötig, dass die Gesellschaft sich zu solchen Fragen eine Meinung bildet. Die Technik ist da - nicht nur bei Google, sondern auch bei kleinen Firmen, die weniger bekannt sind. Die Geräte, die wir alle mit uns herumtragen, können alle möglichen Daten erfassen und verarbeiten. Der Nutzer muss dafür soviel Kontrolle wie möglich behalten.

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