Koriander Too:Die Insel der Vietnam-Seligen

Koriander Too: Ohne Asia-Kitsch: das "Koriander Too". Dafür ist das Essen typisch vietnamesisch.

Ohne Asia-Kitsch: das "Koriander Too". Dafür ist das Essen typisch vietnamesisch.

(Foto: Catherina Hess)

Zitronengras, Papayasalat, Tintenfisch: Das "Koriander Too" zelebriert die feinen kulinarischen Facetten Ostasiens. Mitten in Haidhausen schmeckt man Fernweh.

Rosa Marín

Dieser Artikel ist leider nicht mehr aktuell. Das Restaurant an selber Stelle nennt sich mittlerweile "Bi Béo".

Einst wurde Rosa Marín mit ihren Kollegen aus einem Innenstadt-Biotop in einen Büroturm am Rande der Stadt verpflanzt. Zur Rechten rauscht die Autobahn, zur Linken wabern Abgase durch einen dunklen Straßentunnel - was liegt näher, als sich weit wegzuträumen, selbstverständlich unter Zuhilfenahme sämtlicher olfaktorischer und gustatorischer Möglichkeiten.

In der sehr annehmbaren Cafeteria des Hochhauses schmeckt der Käse-Schinken-Toast exakt so wie im ersten Autogrill nach dem Brenner. Ciao Italia! Schließt Rosa Marín die Augen, wenn sie den Chai Tea Latte mit Zimtduft schlürft, fühlt sie sich in ein Hippie-Lokal in Kathmandu versetzt. Und radelt sie nach getanem Kostproben-Schreiben durch die mitunter unwirtliche Einsteinstraße, erfüllt dort seit kurzem eine Oase Fernwehträume.

Im "Koriander Too" duftet es nach den delikatesten Töpfen Hanois, den edelsten Gewürzen Vietnams, und in den Ohren meint man die Wogen des südchinesischen Meeres rauschen zu hören. Das "Koriander Too" hat im Oktober vergangenen Jahres in Haidhausen eröffnet und ist flugs zu einer Insel der Vietnam-Seligen geworden.

Hier werden die feineren Facetten der Küche dieses ostasiatischen Landes zelebriert, zwischen moosgrün bemalten Wänden, schimmernden Korblampen und schönem, schlichtem Holzmobiliar. Die jungen, hippen Kellner scheinen selbst viel Freude an dem innenarchitektonisch gar nicht asiatisch-schwülstig geratenen Lokal zu haben - sind die Stühle zu früher Abendstunde noch leer, platzieren sie sie immer wieder akkurat entlang der Holztheke, schieben hier etwas in den richtigen Winkel, arrangieren dort die Mini-Vasen neu.

Viel Freude hat es übrigens Rosa Marín gemacht, den lächelnden Kellner, der vor nicht langer Zeit aus einer der coolen Bars in Saigon gekommen sein mag, das Wort "Nero d'Avola" aussprechen zu hören. Ein einzigartiger vietnamesisch-italienischer Wohlklang. Das "Koriander Too" ist die Dependance des beliebten "Koriander" in der Nordendstraße.

Der Fotograf und Gastronom Tan-Loc Nguyen bringt hier mit Bruder, Vater und Onkel - ein reiner Familienbetrieb also - ziemlich originale Speisen aus seinem Heimatland auf den Tisch. Goi Muc beispielsweise, ein Tintenfischsalat mit Sellerie, Chilis, roten Zwiebeln und frischen Kräutern zum durchaus verdaulichen Preis von 8,90 Euro.

Ein schöner Gegensatz aus sehr knackigem Gemüse und weichem Tintenfisch, das muss einem Koch erst einmal gelingen. Oder die dazu gereichten Krupuk auf feinem Porzellan: Die Krabbenchips dürften tatsächlich hausgemacht sein, durchsetzt mit schwarzem Sesam und so verführerisch, dass man am liebsten nachbestellt hätte - was kaum Luft für weitere Speisen gelassen hätte und ein Fehler gewesen wäre.

Für Pho etwa, auch Hanoi- oder 24Stunden-Suppe genannt, Vietnams Nationalgericht. Die Reisnudelsuppe wird in Vietnam zu jeder Tageszeit gegessen - daher der Name - und kam ganz typisch mit Kräutern, Soja und Limette auf den Tisch. Im "Koriander Too" kann man sie wahlweise mit dünnen Scheiben von der Rinderhüfte oder mit Huhn bestellen, klein (4,90 Euro) oder groß (9,80 Euro).

Ein pikanter Genuss, während die Nachbarin von der scharf-süßen Fischsuppe schwärmte, mit Ananas und Sojasprossen. Lediglich der grüne Papayasalat mit Garnelen (7,80 Euro) kam etwas seifig im Nachgeschmack daher, was wohl an der eigenwilligen Marinade lag. Selbst der üppig verwendete Koriander konnte dies nicht überdecken.

Ablenkung erfuhren Hirn und Gaumen danach bei einer wahren Bastelarbeit: Die mit Zitronengras marinierten Rindfleischspieße vom Grill (17,60 Euro) hatte man am Tisch in Reispapier zu rollen und mit Reisnudeln, Salat, Soja und Gurken zu dekorieren. Durchaus anregend, dazu ein Dip aus Nuoc Mam Sauce.

Das teuerste Gericht auf der Karte ist Vit Luay, eine würzig aromatische Ente, mit verschiedenen Marinaden gegrillt (22 Euro). Wie bei allen Speisen war auch hier das Gemüse superfrisch, der Eierreis mit dunkler Austernsauce überhaupt nicht pappig, und der Respekt vor der schier furchterregenden Riesenportion löste sich im Nu in Wohlgefallen auf.

Neben einer kleinen, feinen Weinauswahl bietet das "Koriander Too" täglich ein Mittagsset, das Frühlingsrollen oder Wantansuppe sowie Kaffee einschließt. 9,20 Euro kostet in dieser Kombination etwa in feine Scheiben geschnittener Tofu, gebraten mit Bohnen, Tomaten und Karotten. Tritt man eingelullt von allen Wohlgerüchen hinaus in die Einsteinstraße, sagt man leise "Tam biêt", was "Auf Wiedersehen" heißt.

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