CSU: Umfrage-Affäre:Rüge vom Rechnungshof

Hartes Urteil der Rechnungsprüfer: Mit ihrer umstrittenen Umfrage hat die Staatsregierung Steuergeld missbraucht. Die SPD fordert nun den Rücktritt des Staatskanzleichefs.

Katja Auer

Die Staatskanzlei hat eine heftige Rüge vom Bayerischen Obersten Rechnungshof (ORH) bekommen. Sie hätte in ihren umstrittenen Resonanzstudien nicht nach den Wahlabsichten der Bürger fragen dürfen. Die Sonntagsfrage zu stellen, also die Bürger zu befragen, wen sie am nächsten Sonntag wählen würden, gehe über den Aufgaben- und Interessenbereich einer Regierung hinaus, schreiben die Prüfer. Parteipolitische Fragen dürften nicht aus Haushaltsmitteln finanziert werden. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher forderte deswegen den Rücktritt von Staatskanzleichef Siegfried Schneider (CSU). Er habe die Öffentlichkeit mehrfach hinters Licht geführt und sei nicht mehr tragbar.

CSU, Staatskanzlei

Staatskanzleichef Siegfried Schneider hat zur Zeit mächtig Ärger mit der Opposition. Die SPD fordert sogar seinen Rücktritt.

(Foto: dpa)

Durch den ORH-Bericht erhärten sich die Vorwürfe der Opposition, die Regierungszentrale habe auf Kosten der Steuerzahler parteipolitische Präferenzen abfragen lassen. Der Rechnungshof untersuchte die Studien aus den Jahren 2000 bis 2009, die die Staatskanzlei beim Hamburger Institut GMS in Auftrag gegeben hatte. 558.000 Euro gab sie dafür aus. Rinderspacher hatte die Umfragen im Sommer veröffentlicht und vermutete eine versteckte Parteienfinanzierung zugunsten der CSU.

Das sieht auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause nun bestätigt. Denn die Ratschläge, die die GMS-Demoskopen aus ihren Befragungen ableiteten, dienten allein der CSU. Wie im Jahr 2008, als sie den Christsozialen die Auseinandersetzung mit der FDP empfahlen. "Dies ist aber eine isolierte, parteibezogene Information, die insbesondere für die CSU als Partei von Bedeutung ist", kritisiert der ORH.

Unzulässig sei es außerdem, die Bürger zu fragen, welcher Partei sie die Lösung bestimmter Fragen am ehesten zutrauten. Zumal die Demoskopen auch aus diesen Fragen wieder Empfehlungen für die CSU abgeleitet hatten. "Parteipolitisch relevante Fragestellungen sind nicht von den Aufgaben einer Staatsregierung umfasst und dürfen nicht Gegenstand der von ihr in Auftrag gegebenen Meinungsumfragen sein", schreibt der ORH.

Die Staatskanzlei hatte in einer Stellungnahme an den Rechnungshof die Praxis verteidigt. Auch die Frage nach den Wahlabsichten sei unverzichtbar und anderswo gängige Praxis. Das reicht dem Rechnungshof als Erklärung nicht. Der ORH betont die Chancengleichheit, die die herrschende Mehrheit und die oppositionelle Minderheit im Wettbewerb um Wähler haben müssten. Die Staatsregierung unterliege deswegen einer besonderen Neutralitätspflicht.

Grundsätzlich dürfe die Staatsregierung zwar die öffentliche Meinung erforschen lassen, befindet der ORH, und dafür auch Haushaltsmittel verwenden. Allerdings müsse die Trennung von Regierung und Partei klar eingehalten werden. Der ORH-Bericht allein hat keine direkten Konsequenzen für Regierung oder CSU, da der Rechnungshof nur eine mahnende Funktion hat. Anders könnte es aussehen, wenn Bundestagspräsident Norbert Lammert darüber befindet, ob tatsächlich eine verdeckte Parteienfinanzierung und damit ein Verstoß gegen das Parteiengesetz vorliegt. In diesem Fall drohen der CSU Strafzahlungen von etwa einer Million Euro. Rinderspacher forderte CSU-Chef Horst Seehofer zur Selbstanzeige auf.

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