Krise in Ägypten:Obama arbeitet an Mubaraks Abgang

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Die Nacht in Ägypten bleibt relativ ruhig - doch am Freitag werden wieder Hunderttausende zu den Protesten gegen die Regierung Mubaraks erwartet. Sie könnten ihrem Ziel nähergekommen sein: Die USA planen offenbar den Abgang des Machthabers. Der will nicht freiwillig gehen - um sein Volk vor "Chaos" zu schützen.

Die Nacht in Kairo war ruhig, wobei Ruhe in Ägypten derzeit relativ ist. Trotz einer Ausgangssperre verharrten etwa 10.000 Gegner des verhassten Präsidenten Hosni Mubarak auf dem zentralen Tahrir-Platz. Einige hätten gesungen und getanzt, hin und wieder seien Schüsse zu hören gewesen, meldete der arabische TV-Sender al-Dschasira. Am Freitag werden dort wieder Hunderttausende Demonstranten erwartet. Ihrem Ziel, dem sofortigen Rücktritt Mubaraks, könnten sie ein Stück nähergekommen sein - denn der diplomatische Druck auf den Machthaber wird stetig größer.

Regierungsgegner in Ägypten hoffen auf den Einfluss von US-Präsident Barack Obama (rechts): Die USA planen offenbar eine ägyptische Übergangsregierung. (Foto: Getty, Reuters)

Offenbar drängen die USA mit aller Macht auf eine Wende in Ägypten. Wie die New York Times (NYT) berichtet, verhandelt Washington hinter dem Rücken Mubaraks mit ägyptischen Regierungsbeamten über einen sofortigen Rücktritt des Präsidenten. Mubarak hatte bislang nur eingeräumt, nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. In einem Interview mit dem US-Sender ABC bekräftigte er am Donnerstagabend jedoch, dass er einen sofortigen Rücktritt ablehne. "Wenn ich heute zurücktrete, wird Chaos ausbrechen", sagte er dem TV-Sender.

Die USA befürworten offenbar eine Übergangsregierung unter der Führung des bisherigen Vizepräsidenten Omar Suleiman. Die NYT berichtet unter Berufung auf Regierungsbeamte und arabische Diplomaten, eine Übergangsregierung habe die Unterstützung des ägyptischen Militärs, das bislang treu zu Mubarak stand, sich während der Proteste aber weitgehend neutral verhielt.

Der Generalstabschef der ägyptischen Armee, Generalleutnant Sami Hafis Anan, und Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi sollten hinter der Übergangsregierung stehen. Es sollten auch andere politische Kräfte eingebunden werden, einschließlich der Muslimbruderschaft, berichtet das Blatt.

Allerdings räumten US-Regierungsbeamte ein, eine Lösung hänge von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von der weiteren Entwicklung der Proteste. Außerdem betonten sie, dass nicht direkt mit Mubarak verhandelt werde. Der Präsident hält sich nach Angaben des US-Senders ABC im schwerbewachten Präsidentenpalast in Kairo auf.

Unterdessen bot Vizepräsident Omar Suleiman der Opposition einschließlich der verbotenen Muslimbruderschaft umfassende Verhandlungen an. Der neue ägyptische Regierungschef Ahmed Schafik kündigte eine Bestrafung der Verantwortlichen für die Angriffe auf Regimegegner und eine Untersuchung der Vorgänge auf dem Tahrir-Platz an. Dabei wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in den vergangenen Tagen 13 Menschen getötet und mehr als 900 verletzt.

Das Auswärtige Amt hat seine Sicherheitshinweise für Ägypten verschärft und warnt vor Reisen nach Kairo, Alexandria und Suez. Von Reisen in die Urlaubsgebiete am Roten Meer rät das Außenministerium dringend ab. Die US-Außenministerin Hillary Clinton verlangte derweil, die ägyptische Regierung müsse "sofort ernsthafte Verhandlungen für einen friedlichen Übergang" beginnen. Sie verurteilte aufs Schärfste die Gewalt gegen ausländische Journalisten in Kairo.

Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten sind seit Mittwoch in Ägypten 24 Reporter festgenommen worden. 21 Journalisten seien angegriffen und in fünf Fällen sei die Ausrüstung beschlagnahmt worden. "Dies ist ein düsterer Tag für Ägypten und ein düsterer Tag für den Journalismus", sagte der Geschäftsführer des Komitees, Joel Simon. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, hatte die Einschüchterungsversuche gegenüber Journalisten und Menschenrechtsorganisationen am Donnerstag als "inakzeptabel" und "katastrophal" bezeichnet.

Ein Dialog zwischen der Opposition und der Regierung könnte zur Entspannung der Lage beitragen - doch führende Oppositionelle, darunter der Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei und der ehemalige liberale Präsidentschaftskandidat Aiman Nur, machen Mubaraks sofortigen Rücktritt zur Bedingung. Vizepräsident Suleiman drängt hingegen die Opposition zur Vorbereitung der Wahl eines Nachfolgers Mubaraks im August oder September.

"Die Zeit drängt", sagte Suleiman in einem Fernseh-Interview. "Wir brauchen 70 Tage allein um die Verfassung zu modifizieren." Er erwähnte jene Verfassungsartikel, die derzeit eine freie Präsidentenwahl unmöglich machen. Die von der Opposition verlangte Auflösung des Parlaments lehnte er ab. Die Volksvertretung werde benötigt, um die Verfassungsänderungen auf den Weg zu bringen.

© sueddeutsche.de/dpa/rtr/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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