Schlau wie die Sau:Wildschweine entwickeln sich zur Plage

Die Pächter setzen zunehmend auf kreative Jagdmethoden, um Tierbestand und Flurschäden in überschaubaren Grenzen zu halten.

Patrizia Steipe

Tief aufgewühlt ist die Fläche mitten im Wald. Ein paar Meter weiter entdeckt Jagdpächter Karl Huber weitere riesige Areale, die wie frisch umgepflügt aussehen. Doch es war kein Traktorfahrer, der seine Felder bearbeitet hat. Die Spuren im Schnee belegen, dass in der vergangenen Nacht eine Rotte von Wildschweinen im Revier von Huber unterwegs gewesen ist. "Wildschweine sind die schlauesten Tiere, die ich kenne", sagt Huber und ein wenig Hochachtung schwingt in seiner Stimme. Seit der Jahrtausendwende breiten sich die Tiere im Landkreis aus. Wegen des Schadens, den sie auf den Feldern anrichten, haben sich die Sauen mittlerweile zu einer richtigen Plage entwickelt.

Wildschwein

Die Pächter setzen zunehmend auf kreative Jagdmethoden, um Tierbestand und Flurschäden in überschaubaren Grenzen zu halten.

(Foto: dpa)

Wie viele Tiere es im Landkreis gibt, kann kein Jäger sagen. Als Wechselwild haben die Rotten kein festes Revier, sondern ziehen herum. "Im Zickzack laufen die bis zu 50 Kilometer durch den Wald", sagt Huber. Von den Abschusszahlen kann man aber eine Zunahme der Populationen ableiten. Die Untere Jagdbehörde im Landratsamt zählte 2002 noch fünf erlegte Sauen. In der vergangenen Saison 2009/2010 waren es bereits 174 Tiere und bis Ende März 2011 werden es wohl über 250 sein. Trotzdem ist das zu wenig und die Wildschweine werden immer mehr. Es gibt Reviere in Bayern, die wegen der ruinösen Wildschäden, die der Jagdpächter zahlen muss, nicht mehr verpachtet werden können, weiß Huber.

Denn die Jagd auf die scheuen Tiere gilt als äußerst schwierig und zeitaufwendig. Wildschweinkenner Huber hat sich seit Jahren mit der Mentalität der Wildsauen beschäftigt. Sein Rezept für eine erfolgreiche Jagd: "Ehrgeiz, Sitzvermögen und Kooperation mit den Jägern und Reviernachbarn." Während in manchen Revieren die Abschussquote gegen Null tendiert, konnte Huber im vergangenen Jahr auf ein zweistelliges Ergebnis in seinem Revier zurückblicken.

Um die Tiere zu überlisten und von landwirtschaftlichen Flächen fernzuhalten, wendet Huber eine aufwendige Strategie an. "Ablenkfütterung" nennt er sie. "Dadurch bekomme ich die Tiere dahin, wo ich sie möchte." Huber hat die Bauern gebeten, zwischen den Äckern und dem Wald ein paar Meter Abstand zu lassen. Die Jäger haben von ihren Hochsitzen aus somit freie Sicht auf den Waldrand und auf zu den Feldern wandernde Schweine. Mitten im Maisfeld lassen die Landwirte ebenfalls eine Schneise frei. Dort gräbt Huber in das aufgelockerte Erdreich Wildschweinleckerbissen wie Maiskörner oder Eicheln ein. Werden Tiere davon angelockt, kann der auf dem Hochstand ausharrende Jäger in aller Ruhe kontrolliert ein Wildschwein erlegen. Am besten die Jungtiere, "Jugendklasse"" genannt. Denn ausgewachsene Bachen seien für das Sozialgefüge einer Rotte enorm wichtig, erklärt der Hobbyjäger. "Dann ist für die nächste Zeit Ruhe auf dem Feld. Die Rotte merkt sich solche Erlebnisse", weiß Huber.

In seinem 640 Hektar großen Revier hat Huber darüber hinaus "Wühlplätze" im Wald für die Tiere angelegt. Der aufgelockerte und mit ein paar Maiskörnern versehene Boden lockt Wildschweine an und an mit Buchenholzteer angestrichenen Bäumen kratzen sie sich gerne ihr Fell. Im Wechsel mit anderen Jägern harrt Huber dann auf seinem Hochsitz aus. "Es können schon mal ein paar Tage vergehen, bis wir Erfolg haben", sagt er. Doch er weiß: Irgendwann ist es soweit und das Warten hat sich gelohnt.

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