Berlinale 2011:Einfach Filme machen

Die Berlinale 2011 ist eröffnet: Zehn Tage lang dreht sich auf dem Internationalen Filmfestival alles um die Zukunft des deutschen Films. Denn da gibt es nach dem Tod Bernd Eichingers einigen Klärungsbedarf.

Tobias Kniebe

Eichinger und die Berlinale, Eichinger und Berlin - das ist das Thema, das jetzt noch geklärt werden muss, bevor es so richtig losgehen kann. "Gebirge verschwinden nicht plötzlich", hat Festivalchef Dieter Kosslick gesagt - und auch, dass die Berlinale einen "großen Freund" verloren habe. Eichinger war zweimal im Wettbewerb, mit Fräulein Smillas Gespür für Schnee und vor fünf Jahren mit Elementarteilchen. Zur Erinnerung läuft nun am Samstag seine Regiearbeit Das Mädchen Rosemarie.

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Jury-Mitglied Nina Hoss hat mit Bernd Eichinger wie auch mit Christian Petzold gedreht: Für die Hauptrolle in Petzolds Yella erhielt sie 2007 den Silbernen Bären - mit Eichingers Film Das Mädchen Rosemarie wurde sie 1996 bekannt. Der Film wird am Samstag auf der Berlinale zur Erinnerung an Bernd Eichinger gezeigt.

(Foto: dapd)

Berlin war aber auch das Terrain, wo der kritische Wind immer besonders scharf wehte, wo die Eichinger-Show auf den stillen aber entschlossenen Widerstand der "Berliner Schule" traf - nicht zuletzt in der Auseinandersetzung um die Gründung der Filmakademie. Eichinger war ihr Initiator und größter Verfechter, der Berliner Regisseur Christian Petzold wurde ihr entschiedenster und eloquentester Gegner. Petzold wird "Dreileben" auf der Berlinale zeigen, einen Kompilationsfilm. Dominik Graf und Christoph Hochhäusler haben die anderen Teile gedreht.

In ersten Kommentaren hieß es, Eichingers Vermächtnis des kommerziellen deutschen Eventfilms werde auch ohne ihn noch dominanter werden - Regisseure wie Petzold und Graf hätten dagegen einen selbstgewählten, marginalen Sonderweg eingeschlagen. "Stimmt so sicher nicht", sagt Dominik Graf. "Wir wollten doch auch immer kommerzielles Kino machen."

Schon bei Christiane F. habe es aber diese Spaltung gegeben: Eichinger feuerte den Regisseur Roland Klick, bis heute ein Held der jungen Wilden, und übergab die Regie seinem zahmeren Studienfreund Uli Edel. Über den Riesenerfolg, den diese Entscheidung nach sich zog, ließ sich schon damals im Grunde nicht mehr diskutieren.

Und doch scheint es jetzt so, als seien die Differenzen nicht unüberwindlich gewesen. Er habe Petzold längst ein Angebot zur Zusammenarbeit gemacht, sagte Eichinger etwa ein Jahr vor seinem Tod: "Wir lachen darüber, es ist eine Art Running Gag. Er deckt sich ja mit Arbeit ein, damit er das Unausweichliche vorläufig vermeidet. Er weicht noch dem Satan." Eichinger und Petzold im Doppelpack - das hätte das vertraute deutsche Lagerdenken tatsächlich schwer erschüttert.

Heute sagt Petzold: "Zum ersten Male hatten wir zu tun, da ging es um die Gründung der Akademie. Da rief er mich an, während des Halbfinalspiels Südkorea - Deutschland, genauer während der Nationalhymnen. Ich sagte, das geht nicht. Was denn?, fragte er. Das mit der Akademie. Wir legten unsere Argumente dar, telefonierten dann auch nach der entsetzlichen gelben Karte für Ballack. Er wollte den ganzen Filmpreis entmuffen, ich meinte, dass er das Gegenteil erreichen wird. Er hatte einfach Spaß am leidenschaftlichen Streit. Wir probierten uns aus, glaube ich. Ich denke, dass er sich von einer Akademie erhofft hat, die Leidenschaften, das Zusammensein, das Entwerfen, Herumspinnen der HFF-Jahre dort wiederzufinden."

Und wie war das mit dem Angebot zur Zusammenarbeit? "Das stimmt so. Wir hatten uns verständigt, gemeinsam einen Film zu machen, es gab Vorschläge. Ich denke, dass wir schon zusammengekommen wären. Er war nicht Mephisto. Brauchte keine Seelen. Wollte einfach Filme machen."

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