USA und die Proteste im Nahen Osten:Wenn der Stützpunkt brennt

Die Protestwelle erreicht Bahrain am Persischen Golf - und stürzt die Amerikaner in ein schweres außenpolitisches Dilemma: Einerseits wollen sie die Demokratiebestrebungen unterstützen, andererseits aber auch strategische Interessen wahren.

Reymer Klüver

Die Welle der Bürgerproteste in Bahrain und im Jemen stellen die USA vor ein weiteres, nur schwer zu überwindendes außenpolitisches Dilemma in der Region. Auf der einen Seite hält das Weiße Haus an der grundsätzlichen Unterstützung für die Demokratiebewegung in der arabischen Welt fest. Auf der anderen Seite steht unausgesprochen die Befürchtung im Raum, die Proteste könnten die strategischen Interessen der USA gerade in diesen beiden Ländern empfindlich beeinträchtigen. In Bahrain unterhält Washington seinen wichtigsten Flottenstützpunkt im Nahen Osten. Im Jemen könnte eine Destabilisierung des autokratischen Regimes von Präsident Ali Abdullah Salih den Kampf gegen die Terrorgruppe al-Qaida erschweren, die dort Zuflucht gefunden hat.

Präsident Barack Obamas neuer Sprecher Jay Carney erklärte, dass Washington die Ereignisse "sehr genau" beobachte. Er wiederholte die Position des Weißen Hauses, dass Bahrain "wie alle anderen Länder in der Region auch" die Bürgerrechte respektieren müsse. Ein Sprecher des US-Außenministeriums hatte zuvor die Regierung Bahrains aufgefordert, "so schnell wie möglich" das Versprechen einzulösen, die Todesfälle bei den Protesten in der Hauptstadt Manama zu untersuchen.

Tatsächlich bereitet die Lage in Bahrain den USA Sorgen gleich in zweierlei Hinsicht. Die amerikanische Militärplanung setzt fest auf den Stützpunkt auf dem Inselstaat im Golf: Hier befindet sich das Hauptquartier der 5. US-Flotte, die mindestens eine Flugzeugträgergruppe und eine Flotteneinheit mit Landungstruppen im Golf im Einsatz hat. Zudem sind in Bahrain vier Minenräumboote stationiert, die im Falle einer Krise die Straße von Hormus freihalten sollen, durch die die Öltransporte aus den Golfstaaten gehen. Erst im vergangenen Mai begannen die Bauarbeiten für eine 580 Millionen Dollar teure Erweiterung des Flottenstützpunkts.

Bahrain dient den USA seit dem ersten Golfkrieg 1991 als Nachschubbasis in der Region. Die US-Präsenz ist indes umstritten. Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg liefen amerikanische Kriegsschiffe regelmäßig Bahrain an. Nach Straßenprotesten kündigte der damalige König allerdings 1977 die Vereinbarung mit den USA auf. Bei den gegenwärtigen Protesten gegen die Regierung sind die US-Soldaten bisher kein Thema. Dennoch haben die USA Sorgen, dass die Präsenz ihrer Kriegsschiffe erneut ein Stein des Anstoßes werden könnte.

70 Prozent der Bahrainer sind Schiiten, von denen eine Reihe enge Verbindungen zum ebenfalls schiitischen Iran unterhält. Die Königsfamilie und die Führungselite in Bahrain sind jedoch Sunniten mit großer Nähe zum sunnitischen Saudi-Arabien. Der Militärexperte Michael O'Hanlon von der Brookings Institution warnte, eine "Revolution in Bahrain könnte unter dem Banner der Demokratie gekapert werden, um den Interessen einer nicht-demokratischen Regionalmacht wie Iran zu dienen". Falls eine schiitische Gruppierung die Macht in Bahrain übernehme, sei nicht auszuschließen, dass sie Anweisungen aus Iran folge.

US-Außenministerin Hillary Clinton besuchte erst im Dezember Manama und lobte Demokratisierungsbemühungen in Bahrain. In Washington wurde unterdessen bekannt, dass zumindest das Weiße Haus nicht ganz so von der Protestbewegung in der arabischen Welt überrascht worden ist, wie es den Anschein hatte.

Einem Bericht der New York Times zufolge hatte Präsident Obama bereits im August einen 18-seitigen Geheimbericht über die Unruhen in der Region angefordert. Der Bericht soll Empfehlungen enthalten, wie die USA die Demokratiebewegungen unterstützen können, ohne die strategischen Interessen aufs Spiel zu setzen. Die Schlussfolgerungen des Berichts waren angeblich auch ein Grund für die Rede Clintons im Januar in Katar, in der sie die autokratischen arabischen Regime wegen ihrer Unterdrückung selbst vorsichtigster Demokratisierungsbewegungen kritisiert hatte.

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