Plagiatsvorwurf gegen Guttenberg:Man kann auch über Fußnoten stolpern

Karl-Theodor zu Guttenberg hat nicht nur in seiner Doktorarbeit Fehler gemacht. Er brüskiert auch durch die selbstherrliche Art, wie er mit ihnen umgeht.

Heribert Prantl

Das Wort "Entschuldigung" kommt in dieser Entschuldigung nicht vor. Aber die Erklärung des Ministers Karl Theodor zu Guttenberg soll so etwas Ähnliches sein. Es handelt sich um gedrechselte Sätze des Bedauerns, kombiniert mit forscher Verharmlosung der Vorwürfe. Diese Verharmlosung besteht darin, dass er als Fehler nur "inkorrektes Zitieren" benennt und zugleich "mit allem Nachdruck" den Vorwurf des Plagiats von sich weist.

Die Guttenberg'sche Doktorarbeit ist aber nicht nur deshalb fehlerhaft, weil sie inkorrekt zitiert, sondern weil sie substantielle, aus anderen Werken ganz oder fast wörtlich übernommene Passagen gar nicht zitiert. Genau darin besteht das Wesen des Plagiats.

Hat Guttenberg nur fahrlässig plagiiert? Dann war es, angesichts des gehaltvollen Umfangs der schon bekannten Nicht-Zitate, eine grobe Fahrlässigkeit. Sie ist beinahe der rote Faden der Arbeit. Bislang konnte Guttenbergs Dissertation nur mit Texten verglichen werden, die via Internet zugänglich sind - mit Zeitungsartikeln, Aufsätzen und Vorträgen. Der Vergleich mit Werken, die ausschließlich gedruckt vorliegen, steht noch bevor. Vielleicht weiß nicht einmal Guttenberg selbst, was da noch zu erwarten ist. Die grobe Fahrlässigkeit, juristisch "luxuria", kann sich womöglich zum Vorsatz auswachsen.

Guttenberg setzt wohl auf die Zeit, die es dauert, das alles zu prüfen, und darauf, dass derweil Gras über die Sache wächst; so lange will er nur noch mit der Universität Bayreuth über das Thema reden. Er verhält sich wie ein Spieler. Mit der Öffentlichkeit wird man in dieser Causa aber nicht spielen können. Im Gegensatz etwa zur Kundus-Affäre handelt es sich hier um einen Sachverhalt, bei dem jeder mitreden kann und will.

Das macht aus dem Plagiat ein Skandalon - weil ein jeder kapiert, worum es geht, auch wenn es jeder anders bewerten mag. Im Internet gibt es eine akribische, ganz unpolitische Lust, der Dissertation auf den Grund zu gehen. Und in zigtausenden Familien wird bei Gesprächen über die Schule nun davon geredet werden, ob man es "wie Guttenberg" machen darf oder nicht. Er hat das Zeug, sprichwörtlich zu werden, aber nicht in dem Sinn, den Guttenberg sich wünscht.

Das Plagiat ist ein Schatten, der so tut, als handele es sich um den Körper. Das kann funktionieren, solange die Sonne passend steht. Das tut sie nicht mehr. Guttenberg hat nicht nur in seiner Doktorarbeit Fehler gemacht, sondern auch mit der selbstherrlichen Art, wie er damit umgeht. Seine Fehler, sagt Guttenberg zwar, täten ihm "aufrichtig leid".

Aber an wen richtet sich diese halbgare Entschuldigung? An seinen alten, über alle Zweifel erhabenen Doktorvater Peter Häberle, den er düpiert hat? An die Universität, die ihren wissenschaftlichen Rang verteidigen muss? An die plagiierten Autoren, die ihm zürnen? An die Gymnasiallehrer, die ihren Schülern korrektes Arbeiten beibringen wollen?

Das Plagiat, das in der Wissenschaft eine Todsünde ist, gilt im Alltag als lässlich. Und neben den Großproblemen der Politik mag die in der Wissenschaft verlangte Sorgfalt als Erbsenzählerei erscheinen. Aber Guttenberg hat sich in diese Welt der Wissenschaft begeben, um damit in seiner Welt zu glänzen. Er muss sich nun auch die Erbsen vorzählen lassen. Das endet nicht deswegen, weil er sich eine Zeit lang nicht mehr Dr. nennen will. Man kann über Fußnoten stolpern und wegen Erbsen stürzen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: