Plagiatsaffäre:Guttenbergs Ablenkungsmanöver

"Ich fülle das Amt mit Freuden aus": In der Plagiatsaffäre betreibt Verteidigungsminister Guttenberg Schadensbegrenzung. Derweil werden neue Details bekannt - und mit Bildungsministerin Schavan kritisiert erstmals ein Kabinettsmitglied den CSU-Star.

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) versucht mit aller Kraft zu verhindern, dass seine politische Karriere durch die Plagiatsaffäre beschädigt wird. Er konzentriert sich also lieber auf seinen Job als Verteidigungsminister. "Ich habe dieses Amt auszufüllen - und fülle das mit Freuden auch entsprechend aus", sagte Guttenbeg vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München, seine Arbeitskraft sei "vollends gegeben".

German Defence Minister Guttenberg arrives for CSU board meeting in Munich

Verteidigungsminister Guttenberg will sich wieder voll auf seine Arbeit konzentrieren. In Berlin versichert er, dass die geplante Reform der Bundeswehr nicht von der Plagiatsaffäre beeinträchtigt wird. Die Kritik reißt aber nicht ab.

(Foto: REUTERS)

Guttenberg versicherte, dass die geplante Reform der Bundeswehr nicht von der Plagiatsaffäre beeinträchtigt wird. Der Minister kündigte bereits für kommende Woche die nächsten Schritte bei der Reform an. Hier stünden in Kürze Entscheidungen an, und diese Entscheidungen werde er "aller Voraussicht nach ab nächster Woche treffen", sagte er. "Und deswegen sind wir im Zeitplan und bleiben auch entsprechend hart an der Sache."

Die Affäre um seine Doktorarbeit aber ist für Guttenberg noch längst nicht ausgestanden. Der Rückhalt in den eigenen Reihen bröckelt: Mit Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) hat sich erstmals eine Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel und Kabinettskollegin kritisch zur Plagiats-Affäre geäußert.

"Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich", sagte Schavan der Süddeutschen Zeitung. "Wissenschaft hat auch mit Vertrauen zu tun. Auf die Erklärung, eine Arbeit sei nach bestem Wissen und Gewissen verfasst worden, muss ein Doktorvater vertrauen können." Niemand solle auf die Idee kommen, "dass ich den Vorgang für eine Lappalie halte".

Kritik am Verteidigungsminister übte auch der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein. "Die Affäre um seine Dissertation schadet der CSU und ihm selbst", sagte der CSU-Politiker dem Portal stern.de. Beckstein hält es nach eigenen Worten für möglich, dass Guttenberg seinen Ministerposten verliert. "Sollte sich herausstellen, dass zu Guttenberg im Amt oder vor dem Bundestag etwas Unwahres gesagt hat, müsste er zurücktreten", sagte Beckstein.

Rückhalt gibt es indes weiter von CSU-Chef Horst Seehofer. Er forderte die Koalitionspartner CDU und FDP auf, die Angriffe auf den Verteidigungsminister einzustellen. Die CSU sei ein Teil dieser Koalition und dürfe deshalb erwarten, dass man mit Respekt mit Ministern umgehe, sagte Seehofer in München.

Grüne werfen Merkel "politische Schizophrenie" vor

Von Seiten der Opposition reißt die Kritik an Guttenberg nicht ab. Die SPD im Bundestag forderte Regierungschefin Angela Merkel auf, Guttenberg mit sofortiger Wirkung die Zuständigkeit für die beiden Bundeswehr-Universitäten zu entziehen und vorübergehend auf Bildungsministerin Schavan zu übertragen.

"Angesichts der Vorwürfe des massiven Wissenschaftsbetrugs kann Minister Guttenberg diese Aufgabe nicht mehr mit der notwendigen Autorität wahrnehmen", erklärte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Nach Oppermanns Einschätzung wäre es Guttenberg "unmöglich, von den Doktoranden an den Bundeswehrhochschulen zum Beispiel die Einhaltung der Vorschriften über die Anfertigung von Doktorarbeiten zu verlangen und dies auch durchzusetzen, wenn es notwendig ist". Insbesondere dürfe Guttenberg nicht länger über die Berufung der Professoren entscheiden, so Oppermann.

Grünen-Chefin Claudia Roth geht indes mit Kanzlerin Merkel hart ins Gericht und wirft ihr "politische Schizophrenie" vor. Merkel teile den CSU-Politiker auf in den wissenschaftlichen Praktikanten einerseits und den Verteidigungsminister andererseits, kritisierte Roth. Sie bezog sich damit auf eine Äußerung Merkels, die sagte, dass sie Guttenberg als Minister bestellt habe "und nicht als wissenschaftlichen Assistenten". Mit ihrem Festhalten an Guttenberg verrate die CDU-Chefin den bürgerlichen Ehrenkodex und füge der Demokratie einen "Totalschaden" zu.

Promotion mit Ausnahmegenehmigung

Der Berliner Tagesspiegel berichtete, Guttenberg habe nur mit der Ausnahmegenehmigung eines CSU-nahen Professors an der Universität Bayreuth promovieren dürfen. Dies erfuhr das Blatt aus Fakultätskreisen. Wie es hieß, sei Guttenbergs juristisches "Prädikatsexamen", mit dem er auch in seinem Lebenslauf warb, nur ein sogenanntes "kleines Prädikat" mit der Note "befriedigend" im "unteren Bereich". Mit einer solchen Examensnote sind juristische Promotionen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

CSU-Vorstandssitzung

Verteidigungsminister Guttenberg will sich wieder voll auf seine Arbeit konzentrieren. In Berlin versichert er, dass die geplante Reform der Bundeswehr nicht von der Plagiatsaffäre beeinträchtigt wird. Die Kritik reißt aber nicht ab.

(Foto: dapd)

Nach der Promotionsordnung der Uni Bayreuth kann der Dekan einen Bewerber mit einer schlechteren Note als "vollbefriedigend" nur "ausnahmsweise" zur Promotion zulassen, berichtet die Zeitung in ihrer Vorabmeldung.

Dekan war bei Guttenbergs Promotionszulassung 2006 Karl-Georg Loritz. Loritz war in den siebziger Jahren Vorsitzender der Jungen Union in der CSU-Vorstandschaft der bayerischen Kreisstadt Schwandorf. Ende Januar war er Hauptredner beim Neujahrsempfang der Schwandorfer CSU. Auf der Website des Ortsverbandes heißt es laut Tagesspiegel, der Professor für Zivilrecht sei der Partei "bis heute verbunden".

Aus der Fakultät hieß es, die Zulassung eines "Befriedigend"-Kandidaten sei "nicht ungewöhnlich". Dass der Kandidat dann aber die Bestnote "summa cum laude" erziele, sei möglich, aber jedenfalls "nicht der Regelfall". Guttenberg lehnte eine Stellungnahme dazu ab.

Merkel steht weiter zu Guttenberg

Trotz zunehmender Kritik steht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter zu ihrem Minister. "Der Bundesverteidigungsminister genießt das Vertrauen und die Unterstützung der Bundeskanzlerin. Daran hat sich nichts geändert in den letzten Tagen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Er räumte aber ein, dass es um ernste Vorwürfe gehe. "Das ist ein in der Wissenschaft sehr ernster Vorgang." Nun wirke Guttenberg aber auf dem "sehr anderen Arbeitsfeld" als Minister.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner zeigte sich überzeugt, dass Guttenberg sich wegen seiner Doktorarbeit weiterhin werde verantworten müssen. Auch habe jeder in der FDP natürlich eine "persönliche Auffassung" zu dem Thema. Lindner sieht in der Plagiatsaffäre einen "gravierenden Vorgang". Es handele sich zugleich aber um einen "persönlichen Vorgang" aus einer Zeit, in der der CSU-Politiker dem Bundeskabinett nicht angehört habe, sagte Lindner in Berlin.

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