Biokraftstoff E10:Segen für die Umwelt oder Ärgernis fürs Auto?

Der Biokraftstoff E10 soll die CO2-Bilanz des Autoverkehrs verbessern. Doch was spricht gegen seinen Einsatz? Wo gibt es zuverlässige Auskünfte? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen Biosprit.

Günther Fischer

An den Tankstellen ist der neue Biosprit als "Super E10" gekennzeichnet - und er soll die Umweltbilanz des Autoverkehrs verbessern. Die Verwirrung der Autofahrer ist allerdings groß. sueddeutsche.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist E10 überhaupt?

E10 ist eine neue Benzinsorte, die an Tankstellen als "Super E10" gekennzeichnet ist. Es enthält einen höheren Anteil an Ethanol. Das "E" steht dabei für Ethanol, die Zahl "10" weist darauf hin, dass das Benzin bis zu zehn Prozent Ethanol enthalten kann. Bisheriges Benzin enthielt nur rund fünf Prozent Ethanol. Und: Das im Benzin enthaltene Ethanol wird als Bioethanol bezeichnet.

Was genau ist Bioethanol?

Bioethanol (Ethylalkohol) wird durch Destillation nach alkoholischer Gärung oder durch vergleichbare biochemische Methoden aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. Man unterscheidet drei Gruppen: Bioethanol aus stärkehaltigen Pflanzen (Mais, Kartoffeln, Roggen, Weizen), Bioethanol aus zuckerhaltigen Pflanzen (Zuckerrüben, Zuckerrohr) und Bioethanol aus zellulosehaltigen Pflanzen (Holz, Stroh).

In Deutschland kämen für die Produktion zunächst Getreide (Weizen, Roggen) oder Zuckerrüben in Frage. Für die Herstellung auf Basis von Lignocellulose (zum Beispiel Stroh oder Holz) gibt es gegenwärtig keine kom­merziell betriebenen Anlagen in Deutschland. Solche Verfahren befinden sich noch im Pilotstadium.

Warum wird E10 überhaupt eingeführt?

Der Bio-Kraftstoff E10 soll die CO2-Bilanz des Autoverkehrs verbessern - weil E10 aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen wird und so weniger Treibhausgase verursachen soll. Deswegen drängen die EU und damit auch die deutsche Bundesregierung so sehr darauf, dass der Anteil an Bioethanol im Benzin erhöht wird.

Stimmt das Argument mit der besseren Umweltbilanz?

Nur zum Teil. Als wesentlicher Vorteil von Bioethanol wird meist dessen CO2-Neutralität genannt. Danach ent­steht bei der Verbrennung nur so viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) wie die Pflanzen beim Wachstum der Atmosphäre entzogen haben. Da der Anbau und insbesondere der Her­stellungspro­zess von Biokraftstoffen jedoch auch fossile Energien verbrauchen, ist der CO2-Kreislauf nicht vollstän­dig geschlossen.

E10 entsteht also aus Futter- und Nahrungspflanzen?

Ja. Deswegen sei der neue Biosprit auch "eine Mogelpackung und ein Fall von Verbrauchertäuschung", behauptet der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Demnach verdoppele der erhöhte Anteil von pflanzlich basiertem Alkohol im Benzin von bislang fünf auf nun zehn Prozent auch die benötigte Anbaufläche in Deutschland.

Auch weltweit würden wertvolle Anbauflächen für Nahrungsmittel durch Energiepflanzen besetzt, was zu einem vermehrten Einsatz von Pestiziden und zur weiteren Rodung von Wäldern führe, so der BUND. Das erhöhe wiederum die CO2-Emissionen, werde aber in der Umweltbilanz von E10 nicht berücksichtigt.

Was spricht gegen den Einsatz von E10?

Woher weiß ich, ob mein Auto den neuen Sprit verträgt?

Kein Tankwart wird momentan eine verlässliche Antwort geben können und wollen. Die Hersteller verweisen allerdings darauf, dass 93 Prozent der Autos den neuen Sprit problemlos vertragen. Wer Zweifel hat, sollte sich bei seinem Hersteller, der Werkstatt oder den Automobilklubs erkundigen. Eine Verträglichkeitsliste der Deutschen Automobiltreuhand (DAT), die sehr viele Auto- und Motorradttypen auflistet, gibt es auch unter www.sueddeutsche.de/dat.

Was spricht gegen den Einsatz von E10 im Auto?

Neben der eventuellen Unverträglichkeit bei einigen Modellen eigentlich nur ein Punkt: Das Biobenzin erhöht den Verbrauch. Motoren benötigen mehr Treibstoff, je höher der Ethanolanteil im Sprit ist. Der Grund: Ethanol hat einen geringeren Energiegehalt als Ottokraftstoff - das verursacht den Mehrverbrauch. Experten rechnen mit einem Mehrverbrauch von im Schnitt ein bis zwei Prozent.

Was muss man nach einer Fehlbetankung machen?

Am besten den Wagen stehen lassen und sofort den Hersteller oder die Werkstätte um Rat fragen. Schlimmstenfalls muss der Tank ausgepumpt werden. Motoren, die E10 nicht vertragen, könnten bereits durch einmaliges Betanken kaputtgehen.

Gibt es Langzeitstudien oder Erfahrungswerte mit dem neuen Benzin?

Nein. Der ADAC hat jetzt erst das erste Auto in Betrieb genommen, um E10 zu testen. Allerdings fährt der ADAC mit dem Opel Signum ein Modell, das ausdrücklich nicht für E10 freigegeben ist - einfach um zu sehen, was passiert.

Warum wird E10 billiger angeboten als das herkömmliche Superbenzin?

Aus einem einfachen Grund: um die Einführung und den Absatz zu erleichtern. Der momentan noch leichte Preisvorteil wird aber durch den erhöhten Spritverbrauch wieder zunichtegemacht. Experten fürchten zudem, dass es bald zu gleichen Konditionen wie herkömmliches Superbenzin angeboten werden wird. Spätestens dann könnte man auch von einer versteckten Preiserhöhung sprechen.

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