Mietpreise in Paris:Eine Kammer für 1000 Euro

Wer in Paris wohnen will, muss tief in die Tasche greifen. Für Viele sind die Mieten inzwischen unbezahlbar. Frankreichs Regierung plant nun Strafsteuer gegen Wuchermieten.

Michael Kläsgen

Hätte Baron Haussmann das ahnen können? Wuchermieten in den Rumpelkammern, die er, der große Pariser Stadtplaner, einst für die Dienstmädchen vorsah? Sicher nicht. Georges-Eugène Haussmann formte die Pariser Wohnungen nach den gesellschaftlichen Verhältnissen des 19. Jahrhunderts. Und noch heute gelten sie, zumindest von außen, als Zierde der Stadt - all die adrett verzierten Fassaden und prachtvollen Eingänge mit gusseisernen Geländern und roten Teppichen.

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Nicht Jeder kann es sich leisten, in Paris zu wohnen.

(Foto: AFP)

Weniger sichtbar sind die schäbigen engen Aufstiege für die damaligen Mägde, die hinauf in kleine Zimmer unter dem Dach führen. Die zehn Quadratmeter kleinen Kammern werden noch heute chambres de bonne (Dienstmädchenzimmer) genannt, obwohl es kaum mehr Dienstmädchen gibt.

Die Eigentümer vermieten die Kammern nun zu stolzen Preisen. Studenten können sie sich kaum mehr leisten, aber auch für Berufseinsteiger und Arbeitnehmer mit geringem Einkommen sind sie unerschwinglich geworden. Zum Teil werden die Räume für einen Quadratmeterpreis von mehr als 80 Euro vermietet. Dabei haben manche von ihnen nicht einmal ein Klo oder eine Dusche.

Kaschemmen für einen günstigeren Preis müssen sich die Mieter bisweilen mit Kakerlaken teilen. Besonders teuer wird es, wenn man von der Dachluke aus auf eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt blickt.

Die Wuchermieten sind zum Politikum geworden. Die Regierung will dagegen vorgehen. Von 2012 an soll die Höchstmiete auf 40 Euro pro Quadratmeter begrenzt werden - alles, was darüber hinausgeht, soll mit einer progressiv steigenden Strafsteuer belegt werden. Gelten soll die Vorschrift für Wohnraum bis zu 13 Quadratmetern.

Der Staatssekretär für Wohnungspolitik hält 40 Euro für einen Kompromiss. "Das ist ein gutes Mittelmaß zwischen dem Wunsch nach Rentabilität und dem notwendigen Schutz für die Mieter", sagte er kurz vor Ende der "winterlichen Gefechtspause" zwischen Mietern und Vermietern. Von Dienstag an dürfen Vermieter zahlungsunwillige Mieter wieder vor die Tür setzen, was ihnen im Winter untersagt ist.

Steuervorteile führten zu hohen Mieten

Pariser Mieten und Immobilienpreise sind in den vergangenen 15 Jahren massiv gestiegen. Je kleiner die Wohnfläche, desto höher der Quadratmeterpreis. Die Politik ist daran nicht schuldlos. Präsident Nicolas Sarkozy wollte die Franzosen zu Eigenheimbesitzern machen und vergab deswegen Steuerfreibeträge für Hypothekenzinsen. Schon seit längerem gilt: Wer eine Wohnung kauft, um sie möbliert zu vermieten, kann einen Teil der Kosten absetzen.

Gleichzeitig unterließ es die Politik, genügend Sozialwohnungen zu bauen und Falschbelegungen in den existierenden Sozialbauten zu unterbinden. Viele Wohnungen stehen zudem leer. So entstand ein chronischer Mangel an bezahlbarem Wohnraum, vor allem in Paris. Die Knappheit ließ mithin nur die Preise steigen, nicht den Komfort.

Die Opposition, der Mieterverband und das Aktionsbündnis von "Jeudi noir", das sich darauf spezialisiert hat, leerstehende Häuser zu besetzen, argwöhnen deshalb, die Regierung versuche nur zu kurieren, was sie zuvor hat aus dem Ruder laufen lassen. Auch 40 Euro seien zu viel und Maßnahmen für Wohnraum über 13 Quadratmetern fehlten ganz. So komme es, dass, wie die Stiftung Abbé Pierre feststellte, 3,6 Millionen Franzosen nur notdürftig untergebracht seien - mehr Menschen, als zur Zeit von Baron Haussmann in Paris lebten.

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