Psychologie:Zickenkrieg

Wenn Frauen Angst haben, ihren Status in einer Gruppe einzubüßen, schmieden sie rasch Allianzen, um dann andere auszuschließen. Männer setzen auf andere Strategien.

Sebastian Herrmann

Wenn sie ihren Status in einer Gruppe einbüßen könnten, schmieden Frauen rasch Allianzen, um andere auszuschließen. Laut Psychologen um Joyce Benenson vom Emmanuel College in Boston greifen Frauen eher auf dieses Mittel zurück als Männer (Psychological Science, online).

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Frauen attackieren Frauen mit anderen Waffen als Männer, die sich untereinander bekämpfen: Sie beschädigen den Ruf ihrer Gegner, manipulieren - oder versuchen, andere aus der sozialen Gruppe auszuschließen.

(Foto: Getty Images)

Die Wissenschaftler ließen Probanden in einem Spiel gegen jeweils zwei virtuelle Gegner antreten, die stets das gleiche Geschlecht wie die Testperson hatten. Drohten sich die beiden Gegenspieler miteinander zu verbünden und den Probanden auszuschließen, waren Frauen häufiger als Männer dazu geneigt, ihrerseits eine Allianz zu Lasten eines Dritten einzugehen. Dabei war diese Strategie eigentlich gar nicht nötig, denn in dieser Studie veränderte das Vorgehen weder die Siegchancen noch die Gewinnhöhe.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Männer und Frauen auf unterschiedliche Weise miteinander konkurrieren", sagt Benenson. Das diskutieren Wissenschaftler schon lange. So haben Studien gezeigt, dass Männer eher auf physische Gewalt und offene verbale Aggression zurückgreifen. Frauen attackieren mit anderen Waffen: Sie beschädigen den Ruf ihrer Gegner, manipulieren - oder versuchen, andere aus der sozialen Gruppe auszuschließen, wie die aktuelle Studie abermals gezeigt hat. Natürlich verstünden es auch Männer, Gegner auf diese Weise zu traktieren, doch sie vertrauten nicht ganz so oft wie Frauen auf diese Möglichkeiten, so die Studienautoren.

Psychologen führen das auf die unterschiedlichen Arten von Freundschaft zurück, die beide Geschlechter in der Regel pflegen. Bei Frauen ist es wahrscheinlicher, dass sie auch mit Freundinnen enge Zweierbeziehungen eingehen. Männer unterhalten hingegen eher größere Freundschaftsnetzwerke, bei denen einzelne Bindungen nicht so eng sind. Das ergibt unterschiedliche Bedrohungsszenarien. "Eine Eins-zu-Eins-Beziehung ist grundsätzlich fragiler", sagt Benenson. Ist eine Freundin vergrätzt, lässt das zwei einsame Menschen zurück. In einer größeren Gruppe verschieben sich Bindungen hingegen ständig - hat der eine keine Zeit, wird sich schon ein anderer finden. Wegen dieser Bedingungen "sollten Frauen besonders sensibel auf Allianzen reagieren, die eine bestehende soziale Beziehung verdrängen könnten", schreibt Benenson.

Tatsächlich gibt es zahlreiche Hinweise darauf. Laut Studien reagieren zwei Frauen, die miteinander befreundet sind, eher ablehnend auf Neulinge des gleichen Geschlechtes als zwei Männer das tun würden. Die amerikanische Soziologin Maureen Hallinan stellte fest, dass sich Gruppen aus drei Mädchen bei Konflikten eher zu einem Paar und einer ausgeschlossenen Person aufteilen. Bei Jungen war die Chance höher, dass die Dreiergruppe neue Mitglieder bekommt. Ähnliche Ergebnisse veröffentlichte Benenson 2008 im Fachblatt Animal Behaviour. Auch Schimpansen verhalten sich nach diesem Muster. Wie eine Gruppe um Kevin Langergraber vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig 2009 im American Journal of Primatology berichtete, verbringen Schimpansinnen eher Zeit mit einer Gefährtin, während sich Männchen in großen Gruppen aufhalten. Auch im Wettbewerb ähnelt sich die Strategie der Geschlechter bei Menschen und Schimpansen.

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