Schadenersatzklage: Kirch trifft auf Breuer:Showdown mit Zwangspausen

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In der Fehde zwischen dem Medienunternehmer Leo Kirch und dem ehemaligen Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer sind die Kontrahenten erstmals seit Jahren selbst vor Gericht erschienen. Der Kläger ist aber so gebrechlich, dass seine Vernehmung abgebrochen wurde.

Einst ein Mogul, nun ein gebrechlicher Mann im Zeugenstand: Der Medienunternehmer Leo Kirch ist im Schadenersatzprozess gegen die Deutsche Bank und deren ehemaligen Chef Rolf Breuer zum ersten Mal selbst vor Gericht aufgetreten.

Zwei Feinde vor Gericht: Leo Kirch (links) und Rolf Breuer, ehemaliger Chef der Deutschen Bank. (Foto: dpa)

Neun Jahre nach der Insolvenz des KirchMedia-Konzerns wurde der 84-Jährige als Zeuge vor dem Oberlandesgericht München vernommen.

Kirch saß im Rollstuhl vor dem Richtertisch und erklärte dem Senat mit stockender, kaum hörbarer Stimme, dass ihm jedes Wort große Mühe bereite. Eine langjährige Mitarbeiterin wiederholte jede seiner geflüsterten Antworten laut, wie eine Dolmetscherin. Zudem verlas sie eine Erklärung des Medienunternehmers. Kirchs Anwalt Wolf-Rüdiger Bub gab zudem an: "Er sieht auch nicht."

Trotz seiner Verständigungsschwierigkeiten wollte Kirch nicht unorientiert erscheinen. "Ich weiß schon wo ich bin", sagte er und ließ seinen Blick durch den Saal schweifen. Richter Guido Kotschy ließ festhalten: "Der Zeuge versteht die Ausführungen anderer, ist aber sichtlich am Sprechen gehindert. Er kann nur sehr leise sprechen und jedes Wort bereitet ihm sichtlich Mühe."

Nach gut eineinhalb Stunden brach das Gericht die Vernehmung Kirchs auf Anraten von dessen Arzt ab. Breuer folgte der Befragung zunächst ohne größere Regung - meist mit verschränkten Armen. Im Gerichtssaal begegneten sich die zwei Kontrahenten zum ersten Mal seit 2002 wieder von Angesicht zu Angesicht - beide würdigten sich kaum eines Blickes, obwohl sie nur zwei Meter voneinander entfernt saßen.

Kirch tut sich den Tort an, weil er die Bank und Breuer persönlich für die Pleite seines KirchMedia-Konzerns im April 2002 verantwortlich macht.

Kirch: "Immer mit geliehenem Geld gearbeitet"

Breuer hatte zwei Monate vor dem Konkurs der KirchMedia in einem Fernsehinterview bezweifelt, dass die bereits schwer angeschlagene Kirchgruppe weitere Bankkredite bekommen werde: "Was man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen", hatte Breuer der Agentur Bloomberg gesagt. Schnell machte die Schlagzeile die Runde, Kirch würde keine Kredite mehr bekommen. Zwei Monate später meldete der Konzern Insolvenz an. Ein Pool von 17 ehemaligen Kirch-Unternehmen fordert deshalb zwei Milliarden Euro Schadenersatz.

In der ersten Instanz am Landgericht München I war Kirch mit einer Klage bereits gescheitert. Das Oberlandesgericht in München hatte dieses Urteil jedoch für "wesentlich zu kurz gegriffen" erachtet und eine Beweisaufnahme angeordnet, die die Vorinstanz nicht für notwendig gehalten hatte. Allerdings hatte der Vorsitzende Richter Guido Kotschy angedeutet, die von Kirch geforderte Höhe des Schadenersatzes nicht nachvollziehen zu können.

Auch der Bundesgerichtshof hatte Breuer bereits Pflichtverletzung vorgeworfen und Kirch grundsätzlich Schadenersatz zugestanden, sofern er den konkreten Schaden, der durch das Interview entstanden ist, beweisen kann.

Leo Kirch sagte, er habe immer mit geliehenem Geld gearbeitet: Seinen ersten Film La Strada habe er 1956 für 25.000 Mark gekauft, "das ging über meine finanziellen Möglichkeiten hinaus", und dieses Problem habe er immer gehabt, in wachsenden Größenordnungen bis zu einer Verschuldung von sechs Milliarden im Jahr 2001. Aber so habe das Geschäft funktioniert. Damals habe die Deutsche Bank mit ihm ins Geschäft kommen wollen.

Breuer: "Was ich gesagt habe, war allgemein bekannt"

Breuer hatte einen Zusammenhang zwischen der Kirch-Pleite und seiner Äußerung stets bestritten. "Was ich gesagt habe, war die Wahrheit und allgemein bekannt", sagte der Ex-Banker am vorangehenden Verhandlungstag vor einem Monat. Er sei von der Frage im Interview überrascht gewesen. Keinen Kommentar abzugeben hätte den Anschein erweckt, dass die Lage noch schlimmer war. Also habe er das gesagt, was ohnehin schon bekannt gewesen sei. Breuer hatte allerdings eingeräumt, sein Statement sei ein "Unfall" gewesen, der ihm heute nicht noch einmal passieren würde.

In dem Rechtsstreit müssen im Wesentlichen zwei Aspekte geklärt werden. Der eine ist die Frage nach der Verschwiegenheit, die eine Bank ihren Kunden zusichern muss. Von den ehemaligen 17 Kirch-Unternehmen, die von der Kirch Group Litigation Pool GmbH (KGL) nun gerichtlich vertreten werden, hatte zwar keines direkte geschäftliche Beziehungen mit der Deutschen Bank.

Allerdings müssen durch das vorvertragliche Vertrauensverhältnis auch potentielle Kunden wie richtige Kunden behandelt werden, sofern Gespräche stattgefunden haben, die dazu Anlass geben. Einen solchen Gesprächsinhalt bestreitet die Deutsche Bank.

Die zweite interessante Frage ist, ob Breuer sich mit Absicht so geäußert hatte. Wenige Tage vor dem Interview hatte der Vorstand der Bank ein Interesse an einem Beratungsmandat bei der Kirch-Gruppe bekundet. Die Vorstellung, man habe die Pleite absichtlich herbeigeführt, um anschließend vom Wiederaufbau zu profitieren, wiesen Vertreter des Geldhauses stets als absurd zurück.

Eine weitere Schadenersatzklage Kirchs über 1,3 Milliarden Euro war im Februar vom Landgericht München abgewiesen worden. Dabei ging es um die Insolvenz der KirchBeteiligungs-GmbH, in der Kirch seine 40-Prozent-Beteiligung am Axel-Springer-Verlag geparkt und die als einzige Kirch-Gesellschaft einen Kredit von der Deutschen Bank hatte. Das Interview habe die Pleite Kirchs aber nicht verursacht, hatte das Gericht festgestellt.

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