Rechtsextremismus: Wehrsportgruppe Hoffmann:Bericht aus dem fränkischen Unterholz

Was hat die rechtsextreme Wehrsportgruppe Hoffmann mit dem Oktoberfest-Attentat vor 30 Jahren zu tun? Erstmals äußert sich nun der Gründer der Vereinigung öffentlich - und stellt sich als Opfer einer Verschwörung dar.

Olaf Przybilla

Auch Ulrich Chaussy sitzt am Samstag in der Nürnberger Gaststätte "Freundeskreis Bavaria", denn an diesem Abend will dort Karl Heinz Hoffmann auftreten und seine Sicht der Dinge darlegen, das erste Mal in Nürnberg seit 30 Jahren. Chaussy hat ein Buch über das Attentat auf das Oktoberfest geschrieben und eine tragende Rolle darin spielt Karl Heinz Hoffmann, der Gründer der gleichnamigen Wehrsportgruppe. Das Buch von Chaussy hat der 74-Jährige nun mitgebracht zu seinem Vortrag, es habe ihm "schweren Schaden" zugefügt, lässt er gleich zu Beginn seiner Einlassungen wissen. Mit diesem Attentat nämlich habe er nichts zu tun gehabt.

Hoffmanns Auftritt hat etwas Unwirkliches. Seit er im Jahr 1984 vom Landgericht Nürnberg zu einer Haftstrafe unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz verurteilt worden ist, war der gelernte Porzellanmaler weithin aus der Öffentlichkeit verschwunden.

Jetzt steht er im Hinterzimmer einer schummrigen Kneipe in Nürnberg und will berichten, "wie es wirklich gewesen ist". Vor ihm lallt ein offenbar alkoholisierter Verehrer Ergebenheitsadressen, Hoffmann weist ihn scharf zurecht, er möge schweigen. Hundert Interessierte, so gibt Hoffmann kund, hätten sich angekündigt, im Saal aber sitzen kaum zwei Dutzend davon. Es ist einsam geworden um die einstige Galionsfigur.

Hoffmanns Wahrheit sieht so aus: Er habe etwas tun wollen im Jahr 1973 für die Jugend, ein "volkspädagogisches Experiment" habe ihm vorgeschwebt. Sieben Jahre lang ließ sich Hoffmann dabei beobachten, wie er junge Männer in Uniformen durch das fränkische Unterholz trieb, zugelötete Waffen in der Hand für die gemeinsamen Kriegsspiele. Niemals politisch seien die Ziele seiner Truppe gewesen, das will Hoffmann betont wissen, und für nationalsozialistisches Gedankengut sei er, Hoffmann, zu keinem Zeitpunkt seines Lebens anfällig gewesen.

In Hoffmanns Welt war es nur eben so: Die "nostalgischen Uniformen" hätten auch rechtslastige junge Männer in seine Wehrsportgruppe getrieben - und er, Hoffmann, habe das "toleriert". 1980 wurden die Paramilitärs aus der Nähe von Erlangen vom Innenminister verboten.

Zwei Stunden dauern Hoffmanns Erzählungen nun schon an, vom Erlanger Doppelmord aber am jüdischen Verleger Shlomo Levin und dessen Lebensgefährtin war praktisch nicht die Rede. Man muss Hoffmann unterbrechen, um wenigstens den Satz von ihm zu hören: "Das mit Erlangen war das Schlimmste, was mir hätte passieren können." Levin hatte vor Hoffmann gewarnt, 1980 wurde er in seinem Haus ermordet, der mutmaßliche Schütze war ein früherer Wehrsportler.

Zwar wurde Hoffmann vom Vorwurf der Mittäterschaft freigesprochen. Seine "Verantwortung" aber, sagt der Buchautor Chaussy, die habe Hoffmann "nie reflektiert". Auch an diesem Abend wartet man vergeblich darauf. Für das Attentat auf das Oktoberfest sollen "Geheimdienste" verantwortlich gewesen sein, behauptet Hoffmann, nicht etwa einer aus dem Dunstkreis seiner Wehrsportgruppe. Wer erhofft habe, dass Hoffmann "seine These von der Weltverschwörung bei seinem Auftritt mit Belegen untermauert", der sei enttäuscht worden, sagt Chaussy.

Seit Oktober wird wieder gegen Hoffmann ermittelt. Nachdem Fahnder ein Telefonat zweier Neonazis abgehört hatten, wurde Hoffmanns Schloss bei Erlangen nach Sprengstoff-Spuren abgesucht. Auch in der Sache, sagt Hoffmann, werde er "ohne jeden Grund" verdächtigt.

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