Prozess: Ottfried Fischer gegen "Bild":Im Beichtstuhl

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Ottfried Fischer muss im Berufungsprozess um ein angeblich erpresstes Interview erneut sein Intimleben ausbreiten. Neben sehr privaten Details ist nun auch bekannt, wie das Zusammenspiel von Prominenz und Boulevard gewöhnlich funktioniert.

Christian Rost

Ottfried Fischer bezahlt seinen Kampf gegen die Methoden der Bild-Zeitung teuer. Vor dem Münchner Landgericht muss der an Parkinson erkrankte Schauspieler erneut das tun, was er nach eigener Aussage nie wollte: sein Intimleben ausbreiten. Schon in erster Instanz vor dem Münchner Amtsgericht wurde dem 57-Jährigen eine Art Seelenstriptease abverlangt. Am Ende wurde zu seiner Zufriedenheit immerhin ein früherer Bild-Reporter zu 14400 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er Fischer mit einem Sex-Video zu einem Interview genötigt hatte.

In der ersten Instanz wurde ein ehemaliger Bild-Reporter zu 14.400 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er Ottfried Fischer mit einem Sex-Video zu einem Interview genötigt hatte. Jetzt muss der Schauspieler erneut in den Zeugenstand - der frühere Bild-Journalist hat Berufung eingelegt. (Foto: dapd)

Im Berufungsprozess, den der Journalist von seinem ehemaligen Arbeitgeber unterstützt anstrengt, saß Fischer nun erneut im Zeugenstand. Und es ging wieder um Prostituierte und Zuhälter. Um das Entscheidende - was Bild daraus gemacht hat, ging es nur noch am Rande.

Jedenfalls blieb offen, ob sich am Ende Nebenkläger Fischer und Staatsanwalt Kai Gräber durchsetzen - oder der frühere Bild-Reporter und seine Verteidiger. Schaden haben beide Seiten schon genommen, auch weil nun bekannt ist, wie das Zusammenspiel von Prominenz und Boulevard gewöhnlich funktioniert. In guten Zeiten arbeitet man eng zusammen. Auch Fischer gab Bild freiwillig Interviews, wenn es um seine TV-Serien ging. Als aber die Sexgeschichten durchsickerten und Fischer sich bedeckt hielt, war es mit der Einigkeit vorbei: Der damalige Bild-Journalist konnte sich im Rotlichtmilieu sogar das Video besorgen, das Fischer mit zwei Prostituierten zeigt.

Fischer sagte, er habe "aus Angst" mit Bild gesprochen. Seine damalige PR-Beraterin habe ihm gesagt: "Wenn das rauskommt, kannst Du einpacken." Die Agentin habe auch einen Deal ausgehandelt, wonach ihm das Video nach drei Interviews ausgehändigt werde, so Fischer. Er hat den Film nie bekommen.

Die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich ließ im Prozess mehrfach durchblicken, dass sie von der Bild nicht gerade begeistert ist. Eine strafbare Nötigung erkennt sie im Verhalten des früheren Mitarbeiters der Zeitung bisher aber offenbar nicht. Auch Staatsanwalt Gräber, der den Journalisten zuletzt sogar wegen Erpressung belangen wollte, ist nun wieder auf den Nötigungs-Vorwurf eingeschwenkt. Zurzeit haben die Bild und ihr früherer Reporter die besseren Karten. Am 28. April sieht man sich am Landgericht wieder.

© SZ vom 14.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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