Altkanzler und Ex-Minister:Schmidt revidiert Urteil über Guttenberg

Früher hielt Sozialdemokrat Helmut Schmidt den Konservativen Karl-Theodor zu Guttenberg für kanzlertauglich - nun analysiert er die Fehler des gefallenen Ministers.

Vor nicht allzu langer Zeit hat Helmut Schmidt noch große Stücke auf Karl-Theodor zu Guttenberg gehalten. Tatkraft, klare Kante, Machertum, geschliffene Rhetorik - wie vielen Deutschen gefiel dem betagten Sozialdemokraten der junge Verteidigungsminister Guttenberg. Vor allem aber rechnete ihm Schmidt hoch an, dass er die Zustände in Afghanistan als "Krieg" bezeichnet hatte.

Helmut Schmidt  SPD Alt-Bundeskanzler Guttenberg.

Geschwundene Begeisterung: Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) im Februar 2010 mit dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Im Hintergrund sind Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) und Altbundespräsident Richard von Weizsäcker zu sehen

(Foto: dpa)

Inzwischen, aber nicht erst seit der Plagiatsaffäre, ist bei dem aus Hamburg stammenden Altbundeskanzler (1974-1982) und Ex-Verteidigungsminister (1969-1972) die Ernüchterung gewachsen über den schneidigen Christsozialen aus Franken. Schmidt attestiert nun dem zurückgetretenen Verteidigungsminister Ungeschick in der Plagiatsaffäre. "Es war gewiss nicht klug, zunächst nur Fehler einzuräumen und erst ein paar Tage später auf den Doktortitel zu verzichten", sagt Schmidt dem Zeit-Magazin. "Wir haben da einen unvermeidlichen Rücktritt schrittweise erlebt."

Darauf angesprochen, dass er zu Guttenberg vor einiger Zeit noch als kanzlertauglich bezeichnet hatte, entgegnet Schmidt: "Ja, wenn er ein paar Jahre in seinem Amt durchgestanden hätte". Guttenberg sei "ganz zweifellos ein hochbegabter Mann", sagt der SPD-Veteran. Allerdings habe der CSU-Politiker als Verteidigungsminister "allzu leichtfertig Dinge entschieden, die er nicht durchdacht hatte".

Schmidt zweifelte allerdings schon seit längerem an dem CSU-Politiker und äußerte seinen Missmut auch öffentlich, wie etwa Ende Januar. Damals kritisierte er die von Guttenberg wegen angeblicher Missstände verfügte Suspendierung des Gorch-Fock-Kommandanten Norbert Schatz: "Um einen Rat gebeten, würde ich sagen: Sorge dafür, dass die Vorschriften eingehalten werden", sagte Schmidt.

"Zu den Regeln gehört beispielsweise auch, dass über niemandem der Stab gebrochen wird, ehe er angehört wurde." Guttenberg hatte vor seiner Entscheidung Schatz nicht die Möglichkeit gegeben, ihm gegenüber Stellung zu nehmen. Ende Februar entlasteten Ermittler der Marine den Kapitän, über dessen Zukunft allerdings noch nicht entschieden ist.

Schmidts Kritik an vorschnellem Feuern

Das schnelle Feuern von Personal schmeckte Schmidt auch in anderen Fällen nicht: Schmidt fügte damals hinzu, diese Einschätzung beziehe sich nicht nur auf Schatz, sondern auch "auf die Entlassung des Staatssekretärs Peter Wichert und des Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan". Guttenberg hatte Wichert und Schneiderhan kurz nach seinem Amtsantritt Ende 2009 entlassen. Sie wurden dafür verantwortlich gemacht, Berichte über zivile Opfer eines von einem deutschen Oberst befohlenen Luftangriffs in Nordafghanistan dem Minister vorenthalten zu haben - was sie bestreiten.

Auch Guttenbergs Großprojekt, die Bundeswehr-Reform und die Neuausrichtung der deutschen Armee, sah der Altkanzler zu Jahresbeginn zwiespältig. "Ich halte es jedenfalls für einen Fehler, die Bundeswehr nicht vorwiegend unter Rücksicht auf die Verteidigung des eigenen Landes zu strukturieren, sondern mit Blick auf den Einsatz auf fremden Kontinenten", so Schmidt damals. "Es sollte nicht die wichtigste Aufgabe unserer Bundeswehr sein, sich jederzeit abrufbar für fremde Kriege verfügbar zu halten."

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