Ehtik-Kommission zur Energiewende:"Eine Art neue industrielle Revolution"

Die Aufgabe klingt wie die Quadratur des Kreises: Aus der Atomkraft aussteigen, aber ohne die Strompreise zu erhöhen oder Atomstrom zu importieren. Eine Ethik-Kommission unter Leitung von Ex-Umweltminister Klaus Töpfer soll der Bundesregierung bei der Energiewende helfen.

Nico Fried

Die von der Bundesregierung eingesetzte Ethik-Kommission zur Begleitung der Energiewende hat sich für einen tiefgreifenden Umbau der Stromversorgung in Deutschland ausgesprochen. Zum Abschluss einer Klausurtagung des Gremiums betonte der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer die besondere Bedeutung der Energiewende für die Zukunftsfähigkeit des Landes. "Wir gehen davon aus, dass das, was vor uns steht, so eine Art neue industrielle Revolution ist", sagte Töpfer, der Vorsitzender der Kommission ist, am Mittwoch auf Schloss Liebenberg bei Berlin.

Es gehe zwar darum, "auf die Kernenergie in Deutschland zu verzichten"; die Energiewende dürfe aber weder die Bürger beim Strompreis überlasten noch Arbeitsplätze oder den Klimaschutz gefährden. Offen ließ der Chef der Ethik-Kommission jedoch, ob man Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine konkrete Jahreszahl oder eine Zeitspanne für den Ausstieg empfehlen wird. Man werde sich aber nicht vor einer Stellungnahme drücken: "Sie können sicher davon ausgehen, dass wir zu diesem Thema etwas sagen". Allerdings dürfe man nicht nur auf das Datum schauen, "sondern muss auch den Weg dahin kennzeichnen".

Forderung nach Importverbot für Atomstrom

Töpfer sagte außerdem, man dürfe sich in Deutschland nicht selbst in die Tasche lügen, indem Atomstrom aus dem Ausland importiert werde. Zugleich warnte er davor, "ein ethisches Verdikt" über diejenige Staaten zu verhängen, die weiterhin auf Kernkraft setzten. Frankreich und die Tschechische Republik verfügen über Atommeiler, aus denen zuletzt auch Strom nach Deutschland importiert worden war. Beide Länder sowie weitere Nachbarstaaten Deutschlands haben bislang nicht signalisiert, aus der Kernenergie aussteigen zu wollen.

Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas forderte unterdessen ein Importverbot für Atomstrom nach Deutschland. Er verlangt, dass die Regierung in den Verhandlungen mit den Energiekonzernen einen solchen Passus vertraglich vereinbart. "Es kann nicht sein, dass wir den endgültigen Atomausstieg vorantreiben und die Energiekonzerne dann den Atomstrom kaufen und in die deutschen Netze einspeisen", sagte Maas, der auch Mitglied im SPD-Bundespräsidium ist, der Süddeutschen Zeitung. Allenfalls könnte Strom aus regenerativen Energiequellen importiert werden, etwa aus Skandinavien. Nur so sei eine "glaubwürdige Energiewende" möglich.

Die Ethik-Kommission hat 17 Mitglieder aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft. Anders als noch im Herbst 2010, als die schwarz-gelbe Regierung die Verlängerung der Laufzeiten im Alleingang und ohne Rücksicht auf Proteste in der Bevölkerung durchsetzte, strebt Kanzlerin Merkel nun an, einen möglichst breiten Konsens über die künftige Energieversorgung zu erreichen.

Das Gremium soll sie dabei beraten und in den Bemühungen um eine gesellschaftliche Debatte unterstützen. Zu diesem Zweck hat die Kommission nun für den 28. April eine öffentliche Veranstaltung angesetzt, auf der die Mitglieder sich mit wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Fragen der Energiewende auseinandersetzen wollen. Spätestens Ende Mai will die Kommission der Regierung einen Bericht übergeben. Bis Mitte Juni soll der Ausstieg aus der Atomenergie bereits gesetzlich eingeleitet sein.

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