Kachelmann-Prozess: Gutachten:"Keine gröbere psychische Störung"

Untersucht hat der psychiatrische Sachverständige den TV-Moderator nie, nun muss er dessen Schuldfähigkeit beurteilen - und stützt sich dabei auch auf die Angaben von Kachelmanns Geliebten.

Jörg Kachelmann leidet nach Auffassung eines Sachverständigen nicht an einer psychischen Störung. Die Lebensgeschichte Kachelmanns lasse "keinen Hinweis auf gröbere psychische Störungen" erkennen, sagte der psychiatrische Sachverständige Hartmut Pleines vor dem Landgericht Mannheim. Das Leben des Schweizers sei allerdings geprägt von einer "beständigen Beziehungs- und Bindungslosigkeit".

Fortsetzung im Kachelmann-Prozess

Fortsetzung im Kachelmann-Prozess: Der wegen des Verdachts der Vergewaltigung angeklagte TV-Moderator Kachelmann bei seiner Ankunft im Landgericht Mannheim.

(Foto: dapd)

Wetter-Moderator Kachelmann ist angeklagt, weil er seine frühere Geliebte mit einem Messer bedroht und vergewaltigt haben soll. Er bestreitet das. Im Laufe des Verfahrens war über eine mögliche narzisstische Persönlichkeitsstörung Kachelmanns spekuliert worden. Der 52-Jährige wollte sich nicht von einem Psychiater untersuchen lassen.

Pleines sagte, auch anhand der Biografie und der Angaben aus seinem Umfeld sei eine psychiatrische Diagnostik möglich. Hilfreich seien hier vor allem die Angaben ehemaliger Sexualpartner. Hier habe der Prozess ein "reichhaltiges menschenkundliches Erkenntnismaterial" geliefert.

Pleines ist vom Gericht beauftragt, die Schuldfähigkeit Kachelmanns zu untersuchen. Der erfahrene Gerichtsgutachter betonte, dass aus seinen Erkenntnissen keine Rückschlüsse auf eine mögliche Tatbereitschaft gezogen werden könnten. Psychische Erkrankungen oder - weniger schwere - Persönlichkeitsstörungen hinterlassen in der Regel Spuren in der Biografie eines Menschen, sagte Pleines. Kachelmann jedoch sei "sozial hoch kompetent, zielstrebig und beruflich erfolgreich". Seine Lebensgeschichte sei "weit davon entfernt, Merkmale eine psychischen Erkrankung erkennen zu lassen".

Kachelmanns Beziehungsleben sei "von einer gewissen Anzahl von Partnerinnen geprägt", sagte Pleines. Kachelmann habe sich eine Reihe von Parallelwelten geschaffen - aber nicht aus pathologischen Gründen, sondern weil es seinen inneren Bedürfnissen entsprach. "Eine Vielzahl von Rollen, die einen fast schwindelig werden lassen kann", bescheinigte der Psychiater dem Angeklagten.

Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung schloss Pleines aus. Narzisstisch gestörte Menschen würden üblicherweise in Beziehungen versuchen, den anderen in Besitz zu nehmen. In Kachelmanns Beziehungen habe hingegen eine "gewisse Beliebigkeit und Austauschbarkeit" geherrscht. Auch wenn keine krankhafte psychische Störung vorliege - vom "Idealbild einer ausgeglichenen Persönlichkeit" weiche Kachelmann ein gutes Stück ab.

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