Handball: Pokalfinale:Pokalsieg? Zu wenig!

Der Sieg im DHB-Pokal-Finale gegen die SG Flensburg-Handewitt kann den THW Kiel nicht besänftigen. Der Serienmeister ist irritiert über den Verlust von Meisterschaft und Champions League und übt sich in Kampfansagen.

Carsten Eberts, Hamburg

Plötzlich flammte die alte Rivalität wieder auf. Kiels Rückraumspieler Christian Zeitz hatte geschickt ein Foul provoziert, die Flensburger Fans warfen Zeitz dafür von hoch oben unter dem Hallendach allerlei Kraftausdrücke entgegen. Das wiederum provozierte die Kieler Anhänger - sie antworteten mit gellenden Pfiffen.

Handball-Pokalfinale 2011

Eine Kopfbedeckung für Filip Jicha: der DHB-Pokal.

(Foto: dapd)

Und Zeitz? Der blieb cool, schob beim nächsten Angriff gleich mehrere Flensburger beiseite, ließ den Ball brachial in den Winkel des Tores rauschen. Anschließend bedankte er sich bei den SG-Fans - mit eindeutiger Geste.

Das Pokalfinale in Hamburg, das der THW Kiel am Sonntag ungefährdet 30:24 (16:13) gewann, war das Aufeinandertreffen zweier alter Rivalen. Die sich vor einigen Jahren noch regelmäßig um Titel zankten, die ein Champions-League-Finale austrugen, um das bis heute ein Gerichtsprozess läuft. Es war jedoch vor allem das Duell zweier Mannschaften, die eine Saison unter ihren Ansprüchen erlebten. Und für die im kommenden Jahr alles besser laufen soll.

Zum Beispiel für den THW Kiel. Der Serienmeister der Bundesliga wird am Mittwoch höchstwahrscheinlich vom HSV Hamburg entthront, auch in der Champions League verpasste der Klub das Finale. Der DHB-Pokalsieg in Hamburg? Zu wenig für die Kieler. "Es war nicht ganz leicht, sich komplett auf das Pokalfinale zu konzentrieren", gestand Rückraummann Filip Jícha nach dem Spiel: "Aber jetzt haben wir doch noch einen Titel geholt. Das tut gut!"

Auch Trainer Alfred Gislason tat sich mit echter Freude schwer. "Ich bin vor allem froh, dass wir heute endlich mal wieder gut gespielt haben", sagte der Isländer nach den Enttäuschungen der vergangenen Wochen: "Das Spiel gibt uns hoffentlich einen Schub. Wir müssen uns schließlich noch für die Champions League qualifizieren."

Realistisch gesehen dürften die Kieler die Qualifikation schaffen, von Zukunftssorgen zu sprechen wäre ohnehin aberwitzig. Es kam vieles zusammen in diesem Jahr: große Verletzungssorgen, dazu die verblüffende Konstanz der Konkurrenz. Ihre Besten denken ohnehin nicht daran, den THW zu verlassen: Welthandballer Jícha, im Finale mit sechs Toren erfolgreich, hat einen langfristigen Vertrag. Auch Kapitän Marcus Ahlm soll über den Sommer 2012 hinaus verlängern.

Auch Flensburg investiert wieder

Die beeindruckendste Kieler Personalie ist derzeit jedoch der junge Isländer Aron Palmarsson, der das Kieler Spiel trotz seiner erst 20 Jahre unaufgeregt prägt. "Es ist bemerkenswert, wie er in diesem Finale aufgetreten ist", lobte ihn Gislason: Palmarsson riss die Partie besonders in der ersten Halbzeit an sich, warf innerhalb von fünf Minuten vier Tore. Ihm steht in der kommenden Saison wohl ein Sprung bevor - von einem sehr guten zu einem Weltklasse-Mittelmann.

Obwohl die Meisterschaft an den HSV noch gar nicht endgültig vergeben ist, ließ sich Kiels Manager Uli Derad nach dem Finale zu einer verfrühten Kampfansage hinreißen. "Ich habe gehört, im nächsten Jahr gibt es auch eine neue Meisterschale", sagte Derad in Richung des HSV: "Da ist ja auch schon klar, an wen die am Saisonende geht."

Für Finalgegner Flensburg ist der Weg zurück zur Spitze deutlich weiter. Der Klub von der dänischen Grenze wurde 2004 Deutscher Meister, gewann nach dem DHB-Pokal 2005 jedoch keinen Titel mehr. In der Liga musste Flensburg die neureichen HSV Hamburg und Rhein-Neckar Löwen zuletzt deutlich vorbeiziehen lassen.

Mit dieser Entwicklung soll ab der kommenden Saison Schluss sein. Seit Neuestem wird auch in Flensburg wieder investiert: Zur neuen Saison kommen die deutschen Nationalspieler Lars Kaufmann (Frischauf Göppingen) und Holger Glandorf (TBV Lemgo), mit Matthias Andersson (TV Großwallstadt) einer der besten Torhüter der Liga. "Wir machen viele kleine Schritte", sagte Geschäftsführer Holger Kaiser, "insgesamt sind wir auf einem super Weg in die Zukunft."

Zum verlorenen Finale sagte Kaiser: "Wir haben alles versucht, doch durch zu viele Fehler ist es uns nicht gelungen, den THW zu schlagen." Seine Mannschaft wolle jedoch wieder kommen - und den Cup im nächsten Jahr auch gewinnen. "Wir sind hier als Außenseiter angetreten und haben das Finale erreicht", resümierte Linksaußen Anders Eggert: "Jetzt gilt es daran zu arbeiten, die Fehler zu minimieren, damit wir in Zukunft um Titel mitspielen können."

Das Pokalfinale 2011 soll für die SG Flensburg-Handewitt nur der Anfang gewesen sein. Für den THW Kiel sowieso.

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